ABCnEFGH
IJUL.9MMOP
QRSTUrWX
Y Ж AM Ж F W
Wtibedefffhijki
mnwpqrsiuweat;
y*fiJBTß
152. Englische breite fette Italika des ig. Jahrhunderts.
294
FETTE ANTIQUA
graphie, die Thorne diesen Beitrag allerdings nicht gutschrieben, sondern ihm zur
Last legten. Das tut zum Beispiel Т. С Hansard in seinem Buch Typographia aus dem
Jahre 1825, wo er 'extrem auffallende und fette Schriften, die jetzt im Akzidenzdruck
überwiegen und ihre Existenz Herrn Thorne verdanken', 'typographische Ungetüme'
und 'Torheiten verkehrter Proportionen' nennt (Johnson). Wenn es allerdings nur
darum ging, eine Schrift zu schaffen, die sich von den ausdruckslosen klassizistischen
Schriften, mit denen auch die Zeitungen gedruckt wurden, auffallend abhob, braucht
man den Scharfsinn der Dessinateure Robert Thornes und anderer englischer Schrift¬
gießer, die in diesem Zusammenhang in Betracht kommen, zunächst nicht sonderlich
zu bewundern. Sie taten vorläufig nichts anderes, als daß sie die fetten Züge der nor¬
malen klassizistischen Buch-Antiqua fast bis an die letzte Grenze der Möglichkeit
übertrieben, so daß manchmal - wie beim Buchstaben О - bereits ein Verschmelzen
drohte, während sie die schwachen Züge so haarfein gestalteten, daß sie nicht mehr
weiter verfeinert werden konnten. In der neuen Schrift behielten sie außerdem die
charakteristischen flachen Serifen, die vertikale Richtung der Schattenachse und die
uniformen Proportionen bei, also all das, wodurch sich die Buch-Antiqua des klassi¬
zistischen Typus auszeichnete. Wenngleich die fette Antiqua zu ihrer Zeit wohl als
aufrührerische Neuheit wirkte, hatte sie ihr Vorbild nicht nur in den knapp voraus¬
gegangenen Schriften, sondern auch in der alten Geschichte der Lateinschrift, in
einigen fetten Inschriftenschriften vom Ausgang des Altertums und in der Buch-
Quadratkapitale der Titel und Überschriften einiger Handschriften aus dem frühen
Mittelalter, wo die Versalien der fetten Antiqua im Prinzip bereits formal gelöst waren.
Völlig neu ist bei der klassizistischen fetten Antiqua allerdings, daß dieses Prinzip sehr
bald konsequent auch im kleinen Alphabet verwirklicht wurde.
Robert Thorne selbst gab nach dem Musterbuch seiner Schriften von 1803 keinen
weiteren Katalog seiner Produktion heraus, und in diesem war seine fette Antiqua
noch nicht enthalten. Die ersten Proben seiner Akzidenzschriften veröffentlichte erst
sein Nachfolger William Thorowgood im Musterbuch von 1820. Zuvor besaßen aber
schon andere enghsche Schriftgießer fette Antiquaschriften. Im Jahre 1819 brachte
die Firma Blake, Garnet & Co, 1816 Edmund Fry, 1810 die Firma Bower, Bacon &
Co., 1808 Stower in seinem Handbuch Printer's Grammar seine Proben, und die
fette Antiqua der Firma Fry & Steele ist sogar 1807 datiert. Daneben wurde bereits
1809 in Frankreich ihre typische ornamentale Variante auf den Markt gebracht, die
eine so ausgereifte Grundform aufweist, daß man die Existenz einer älteren Vorlage
voraussetzen kann. Die ältesten Dokumente der Verwendung einer fetten Antiqua in
der Druckpraxis sind sodann Plakate der englischen staatlichen Lotterieagentur von
1806 und die des Theaters Drury Lane in London von 1807 (Johnson). Aus all dem
und aus dem Zeugnis Т. С Hansards ergibt sich also, daß es zur Entstehung der fetten
Antiqua in den Jahren 1803-1806 kam, und zwar in der Schriftgießerei Robert
Thornes. Bald darauf stand sie schon in einer reichen Serie von Schriftgraden zur
Verfügung, so daß man sie auch in Drucksachen kleineren Ausmaßes verwenden
konnte. Das kam den Herausgebern von populären Magazinen und Sensationshte-
ratur zustatten, die schon seit 1809 die attraktiven Eigenschaften dieser neuen Schrift
auf den Umschlägen und im Satz ihrer Publikationen verwerteten. Aber auch die
Herausgeber und Drucker seriöser Literatur griffen sehr bald nach der fetten Antiqua,
um daraus Titelblätter zu setzen. Reizvolle Beispiele einer solchen Buchtypographie
295