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68. Römische Monumentalschrift, klassische Form aus der %eit Hadrians.
SCRIPTURA MONUMENTAL IS
unter den Kreis des Buchstabens О und unter den Kopfbalken des T geschoben.
Schön geformt ist auch das leicht nach links geneigte O, ebenso wie das wiederum
nach rechts geneigte S. Eine nicht minder edle Form zeigt der Buchstabe P mit der
prachtvollen Rundung seines offenen Bauches. Ungewohnt wirkt hingegen die Form
des R mit einem Bauch von beachtlicher Größe. Kühn geschwungen ist der unter
den benachbarten Buchstaben V weisende Schweif des Q,. Die Inschrift umfaßt nur
18 Buchstaben des lateinischen Alphabets, aber dafür sind es unzweifelhaft außer¬
ordentlich schöne Buchstaben. Auch ihre unvollständige Reihe (Abb. 66-67) besticht
durch die ausgezeichnete graphische Qualität, die jedem, der sein Auge durch ein
entprechendes Studium und Interesse dafür geschult hat, einen hohen ästhetischen
Genuß bereitet. Mit Hinblick auf die praktischen Bedürfnisse der Gebrauchsgraphiker
sei erneut auf dieses Alphabet hingewiesen, das durch die Buchstaben H, Y und Z,
die anderen ungefähr gleichzeitigen Inschriften entnommen wurden, ergänzt ist
(Abb. 65).
Die hohe Schriftkultur der Zeit Trajans ging als deren Erbe auf das übrige 2. Jahr¬
hundert über, und es nimmt daher nicht wunder, daß graphisch bedeutende Inschrif¬
ten der Regierungszeit der Nachfolger Trajans ständig in genügender Zahl als schöne
Beispiele zur Verfügung stehen. Doch die scriptura quadrata, der wir uns vorläufig
ausschließlich widmen wollen, zeigt nur noch sehr selten Abweichungen von dem zu
dieser Zeit erreichten Stand. Darum können wir bei der Überschau ihrer Entwicklung
etwas schneller fortschreiten. Aus den Regierungsjahren Hadrians (117-138), des un¬
mittelbaren Nachfolgers Trajans, sei hier nur das kleine Fragment einer Inschrift aus
Puteoli im Museum von Neapel genannt, das Hadrians Namen enthält (Abb. 69).
Es ist ebenso interessant durch die stabilisierte Zeichnung einer scriptura quadrata
mit stumpfen Scheiteln wie durch die Art ihrer Abstumpfung, die durch bloße Be¬
schneidung erfolgt, oder durch schräge Serifen von verschiedener Richtung. Graphisch
weit bemerkenswerter ist jedoch zweifellos ein Alphabet, das aus einer zu Ehren des¬
selben Kaisers im Jahre 130 gemeißelten Inschrift im alten Uriconium in der Provinz
Britannien — heute Wroxeter in der Grafschaft Shropshire — zusammengestellt ist
(Abb. 68). Als Ganzes gehört dieses Alphabet gleichfalls zu den schönsten Schriften
der klassischen Epoche und stellt somit auch für die entlegenen römischen Provinzen
ein hohes Niveau des Schriftschaffens jener Zeit unter Beweis. Nichtsdestoweniger
weicht es in gewissen Einzelheiten der Schriftzeichnung beträchtlich vom klassischen
Standard ab. Es handelt sich vor allem um die Buchstaben E, F, L und T, deren
Querbalken fast ebenso stark sind wie die Schäfte. Eine Ausnahme bildet auch die
Zeichnung des Buchstabens R, dessen Bauch mit einer Rundung an den Schaft an¬
schließt und dessen Schrägfuß weit vom Schaft entfernt vom Bauch Ausgang nimmt.
Interessant ist auch die Lösung der einseitigen Serife am Querbalken des Buchstabens T,
deren linker nach unten und deren rechter nach oben gerichtet ist. Aus der Zeit des
Antoninus Pius sei sodann als sehr interessant die Inschrift des G. Iulius Geminus Ca-
pellianus aus Aquinum um 145-160 erwähnt (Abb. 70), sowohl ihrer schönen scrip¬
tura quadrata mit stumpfen Scheiteln - wenn auch mit Ausnahme des Buchstabens A,
dafür aber mit dem sehr seltenen Serif der unteren Spitze des N -, als auch der be¬
merkenswerten Blockform-Lösung wegen. Der Künstler half sich hier mit einer sehr
starken Verengung des Schriftbilds in den unteren Zeilen und den besonders unge¬
wohnten und graphisch interessanten Ligaturen LI, NV und vor allem PR aus.
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