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33. Römische Monumentalschrift, Grundform des 2.-1. Jahrhunderts v. Chr.
SCRIPTURA M ONU MENTALIS
mentalmajuskel bemerkenswert. Im zweiten Jahrhundert v. Chr. entledigt sich das
römische Monumentalalphabet schrittweise der archaischen Formen, ausgenommen
jener des Buchstabens L, dessen Querbalken oft mit dem Schaft einen immer noch
mehr oder weniger scharfen Winkel einschließt. Bis auf diese Ausnahme ist die Mehr¬
zahl der Inschriften aus dieser Zeit in einem sonst bereits stabilisierten Alphabet aus¬
geführt. Doch auch der Querbalken des L bildet mit dem Schaft einen immer stump¬
feren Winkel, bis er schließlich hier und dort eine horizontale Lage einnimmt.
Oft kommen beide Formen gleichzeitig in derselben Inschrift vor, wie z. B. der be¬
kannten, in ein Travertintäfelchen gemeißelten Inschrift des L. Mummius aus dem
Jahre 146 v. Chr., die sich heute in den Sammlungen des Vatikanmuseums befindet
(Tafel Via).
Der schräge Querstrich des Buchstabens L, ein Erbe der archaischen Lateinschrift
im römischen Monumentalalphabet, hält sich also bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts
v. Chr., was jedoch nicht bedeutet, daß es vorher kein L mit horizontalem Querbalken
gegeben hätte. Schon in der Gruppe der Inschriften von Pisaurum, offenbar in den
jüngeren, aber wahrscheinlich wenigstens aus der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts
v. Chr. stammenden, können wir diese Form feststellen, wenn auch nur als eine zu
dieser Zeit verhältnismäßig seltene Erscheinung. Doch seit der Mitte des 2. Jahr¬
hunderts v. Chr. wurde diese Form vorherrschend, und damit war das römische Monu¬
mentalalphabet in seiner Konstruktion fast endgültig stabilisiert. Die weitere Ent¬
wicklung brachte lediglich die fortschreitende Feinziselierung dieser Grundform.
Vorläufig, im letzten Jahrhundert der römischen Republik, d. i. in den Jahren 150-
50 v. Chr., läßt diese Grundform der römischen Monumentalschrift (Abb. 33) noch gewisse
Merkmale ihrer altertümlichen Herkunft erkennen, die für sie und für diese Epoche
meines Erachtens besonders typisch sind. Es handelt sich vor allem um den immer
noch sehr breitbeinig dastehenden Buchstaben M und die immer noch zu offene
Schlinge des P, wenn wir allerdings vom К absehen, dessen archaische Form mit den
kurzen Schenkeln noch lange, bis in die römische Kaiserzeit, in Gebrauch blieb. Zur
Illustration dieser Entwicklungsphase der lateinischen Inschriftenschrift könnte eine
Vielzahl kleinerer Inschriften angeführt werden, aber auch längere stehen bereits in
genügender Anzahl zur Verfügung. Vielleicht zu den ältesten Inschriften dieser Art
gehört das Elogium auf dem Grabmal des L. Cornelius Scipio Hispanus, Praetors im
Jahre 139 v. Chr., aber die graphische Ausführung dieses Dokuments ist sicher kein
guter Zeuge für den Hochstand des römischen Schriftschaffens dieser Zeit. Neben der
wenig sorgfältigen oder vielmehr etwas primitiven Steinmetzarbeit, derentwegen wir
hier keine Abbildung dieser Inschrift bringen, sticht die Inschrift zum Gedenken des
L. Betilienus L. f. Vaarus aus Aletria aus der Zeit nach 134 v. Chr. (Tafel VII) durch
ihr verhältnismäßig hohes graphisches Niveau und die außerordentlich ausgeglichene
und proportionierte Majuskel hervor. Dasselbe gilt mit kleinen Vorbehalten auch von
der Schrift des bei Polla im alten Lucanien gefundenen Miliariums des Poppilius
Laenus aus dem Jahre 132 v. Chr. (Tafel Villa). In einer besonders schönen, präzisen
Majuskel der entwickelten monumentalen Grundform waren sodann die Inschriften
auf der Brücke des Fabritius in Rom aus dem Jahre 62 v. Chr. ausgeführt, soweit man
das nach Piranesis Kopie aus dem 18. Jahrhundert erkennen kann (Ritschl, Monu¬
menta LXXXVII-C). Der heutige Zustand dieser Inschriften entspricht jedoch nicht
der Nachzeichnung Piranesis. Entweder war ihm wenig an der Exaktheit gelegen -
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