KURSIVSCHRIFTEN DES GOTISCHEN TYPUS
maß, der zweite von 1525 145 mm und der dritte von 1526 245 mm auf 20 Zeilen,
abgesehen von zwei ganz kleinen weiteren Graden für den Druck von Marginalien
und Texten, die einen besonders sparsamen Satz erforderten. Zeichnerisch stimmen
alle diese Varianten im kleinen Alphabet überein, das eine stabilisierte Texturspaltung
der Oberlängen des b, h, l und die für die Textur typischen Quadratfüßchen der
Schäfte des h, к, l, m, n, r, u,y aufweist. Die spitzbogige Brechung der Rundbuchstaben
und die schmalen Proportionen des Schriftbildes verleihen dem ganzen Minuskelal¬
phabet einen überaus scharfen Charakter, der alle weiteren Schriften dieses Typus
kennzeichnen wird. Was das große Alphabet betrifft, haben die Versalien der mitt¬
leren Grade aus den Jahren 1522 und 1525 Standardform, so wie wir sie in unserem
Beispiel des Alphabets dieser Fraktur (Abb. 312) anführen und wie sie für immer im
deutschen Buchdruck bis in die moderne Zeit Fuß gefaßt haben. Ein wenig anders ist
die kalligraphische Behandlung einiger Versalien größeren Grades aus dem Jahre
1526. Zahlreiche Abweichungen der Majuskelzeichnung zeigen auch die kleinsten
Grade dieser Schrift. Manche Versalien können sogar drei zeichnerische Varianten
aufweisen, und viele, wie z. B. der Buchstabe E, für eine so kleine Schrift geradezu
überraschend komplizierte.
Im Jahre 1524 kam in zwei Größengraden eine sechste Version der Fraktur auf,
die sogenannte Petrejusfraktur, mit der der Nürnberger Drucker Johann Petrejus im
genannten Jahr einen deutschen Psalter - Der Psalter teutsch - druckte und die er
unter seine Schriftproben von 1525 einreihte. Im kleinen Alphabet stimmt sie mehr
oder minder mit der vorgenannten Schrift überein, um sich in den Versalien, vor
allem jenen größeren Grades, oft stark zu unterscheiden. Es genügt vielleicht, auf die
kurios verflochtene Zeichnung der Majuskeln D, E und M als für die Petrejusfraktur
typisch hinzuweisen. Im gleichen Jahre 1524 tauchte noch eine weitere Fraktur auf,
die sog. Wittenbergische Fraktur der Drucker Cranach und Döring, die vielleicht nur
durch ihren kleinen, bis dahin noch nicht dagewesenen Grad von 76 mm auf 20 Zeilen
bemerkenswert ist. In der Zeichnung des kleinen Alphabets unterscheidet sie sich
nicht vom gewohnten Standard, und auch ihre Versalien zeigen den geläufigen Cha¬
rakter. Dasselbe gilt mehr oder minder auch von der letzten frühen, bereits achten
Fraktur, der sog. Köpfelfraktur, die der Straßburger Drucker Wolfgang Köpfel gleich¬
falls seit 1524 verwendete. Es handelt sich um eine Schrift mit etwa demselben kleinen
Alphabet, das von maßvoll gestalteten, besonders stark an die Schwabacher gemahnen¬
den Versalien begleitet wird.
Obwohl gleich zu Beginn binnen kurzer Zeit acht Versionen der Fraktur aufkamen,
war sie als Textschrift vorläufig noch nicht allzusehr verbreitet, und es sollte ein
Menschenalter dauern, bevor die Fraktur die Schwabacher auf diesem Gebiet ver¬
drängte. Waren im ganzen bis dahin nur wenige Bücher durchgehend in Fraktur
gesetzt, so wurden die Frakturen Schönspergers bald als Schriften populär, die sich
zum Satz von Titeln und Überschriften eigneten. Erst als Sigismund Feuerabend 1560
in Frankfurt eine Deutsche Bibel mit der Fraktur druckte, war deren Sieg über die
Schwabacher gesichert. Von da an ist die Fraktur für die ganzen weiteren Jahrhunderte
die einzige Schrift der deutschen Nationalliteratur. Damit hörte sie jedoch nicht auf,
als Titelschrift zu dienen. Als solche war sie sogar so beliebt, daß die Drucklettern
nicht mehr genügten, um alle Schnörkel und Elefantenrüssel zur Geltung zu bringen
und zu entfalten, weshalb man die Titelblätter der Bücher als Ganzes von Stechern
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