KURSIVSCHRIFTEN DES GOTISCHEN TYPUS
starden vor allem in den rheinischen Städten südlich Mainz verwendet. Sie kommen
auch in Basel und Zürich vor, wo sich ihrer Christoph Froschauer bediente.
Die am weitesten verbreitete und beliebteste Textschrift der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts war in jenen Ländern, wo die Schriften des neuen Stiltypus nicht in die
Nationalsprachenliteratur Eingang fanden, eine weitere Form der deutschen Bastarda,
die man SCHWABACHER nannte. Der Ursprung dieser Bezeichnung ist bisher noch
nicht zufriedenstellend geklärt, bekannt ist lediglich, daß sie den Druckern schon vor
r57^ geläufig war, aber wir wissen nicht, warum diese Schriftengruppe den Namen
des bayerischen Städtchens Schwabach erhielt, wo man sich in der Frühzeit weder
mit dem Buchdruck noch mit der Schriftgießerei befaßte. Wenn die Textur als Schrift
des ausklingenden ritterlichen und kirchlichen Mittelalters gelten kann, so können
wir die Schwabacher als Renaissanceschrift bezeichnen, allerdings in jener bürger¬
lichen und ein wenig schwerfälligen Form, in der sich die Renaissance in Deutsch¬
land und den unter dem unmittelbaren Einfluß seiner Kultur stehenden Ländern
akklimatisierte.
Die Schwabacher kam dem zeitgenössischen Bedürfnis nach einer klareren und
besser lesbaren Schrift für den breitesten Gebrauch ausgezeichnet entgegen. Sie ent¬
sprach ihm sowohl dadurch, daß sie sich graphisch an die damalige geläufige Kursiv
anlehnte, als auch durch ihre neuen, rein druckmäßigen Werte, die bei den hier bisher
behandelten Bastarden nur ziemlich selten festgestellt werden können. Wie alle Ba¬
starden hat auch das Alphabet der Schwabacher (Abb. 305) die typischen Kennzeichen
des kursiven einbäuchigen a, der spitz auslaufenden Unterlängen des jf und des langen
s. Die untere Krümmung des g steht frei und schließt mit ihrem Ende nicht an den
Bauch des Buchstabens an. Die Oberlängen des b, d, h werden manchmal noch mit
Schleifen abgeschlossen. Im ganzen büßen die kleinen Lettern jedoch viel von ihrem
kursiven, handschriftlichen Charakter ein, der am Reiz der älteren Bastarden einen
wesentlichen Anteil hat, und werden zu einer echten Druckschrift. Der Satz beruhigt
sich, der angenehme Rhythmus der ausgeglichenen Schriftzeilen verbessert die Les¬
barkeit in den Grenzen der Möglichkeiten einer Schrift des gotischen Typus, und
damit bringt die Schwabacher die Stilauffassung der Renaissance in der Typographie
auch außerhalb des Bereichs der italienischen Renaissanceschriften zur Geltung. Im
Zusammenhang damit werden weitere Relikte des ruhmreichen Erbes der mittelalter¬
lichen Handschriften fallengelassen, vor allem die Ligaturen und Abbreviaturen, die
immer seltener Vorkommen. Die Kleinbuchstaben lassen günstigere gegenseitige Ver¬
hältnisse ihrer Komponenten erkennen, das Schriftbild ist genügend gerundet und die
gedehnten Ober- und Unterlängen sind meist lang genug, um die Lesbarkeit der
Zeilen im Kompreßsatz zufriedenstellend erscheinen zu lassen, aber wieder nicht
so lang, als daß sie auf Kosten des eigenen Schriftbildes überwögen. Gegenüber der
früheren Praxis, die Versalien in so zahlreichen Varianten zu gestalten, daß sie eine
Klassifizierung fast unmöglich machen und gewöhnlich eine selbständige Schrift dar¬
stellen, die mit dem kleinen Alphabet kaum noch harmoniert, ist die Versalienzeich¬
nung der Schwabacher bereits stabilisiert, einige wenige Abweichungen ausgenommen.
Und diese geringfügigen Differenzen der Versalienzeichnung sind oft die einzigen
Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Bastarden dieser Art. Zusammenfassend
können wir sagen, daß die Schwabacher-Versalien in der Zeichnung einfacher und
leichter lesbar sind als jene der vorhergehenden Schriften des gotischen Typus. Das
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goi. gozeiliges Ablaßblatt. Mainz, 1454• Detail.
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302. Hortus Sanitatis. Peter Schäfer, 148g.
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joj. Oberrheinische Druckbastarda. L. Renwich, i486.
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