KURSIVSCHRIFTEN DES GOTISCHEN TYPUS
Minuskeln verhältnismäßig klein, wenn auch breiter als etwa bei der geläufigen lettre
bâtarde. Die Schrift der Trojanischen Chronik wurde in zwei Varianten der Strichstärke
und der Größe des Schriftbildes auf den gleichen Kegel von etwa 20 heutigen Punkten,
d. i. 124 mm auf 20 Zeilen geschnitten. Sie war anscheinend nur für das genannte
Buch bestimmt und kommt in dieser Gestalt in keiner anderen Inkunabel mehr vor.
Doch nach 450 Jahren tauchte sie im tschechischen Buchdruck von neuem als Replik
auf, die die Druckerei der Tageszeitung Politika zur Herausgabe des Jubiläums-
Nachdrucks der Trojanischen Chronik im Jahre 1918 angefertigt hatte.
Eine weitere Version der böhmischen Bastarda verwendete ein anderer unbekannter
Drucker für sein Neues Testament aus der Zeit um 1475 (Abb. 284). Der Kegel dieser
Schrift ist nahezu der gleiche (20 Zeilen - 125 mm) wie bei jener der Trojanischen
Chronik, und doch macht diese jüngere Bastarda den Eindruck einer weit größeren
Schrift. Das ist auf die kürzeren Schäfte des kleinen Alphabets zurückzuführen (Abb.
284b), das jedoch im übrigen ausgeprägte Bastardenmerkmale beibehält. Die durch
die Letter М2 des Buchverzeichnisses bestimmten Versalien sind einfacher und ma߬
voller, was die Elefantenrüssel und andere dekorative Schreibmittel betrifft. Eine an¬
dersgeartete Zeichnung und Konstruktion haben die Buchstaben A und einige weitere
Versahen, während andere eine mit der Schrift der Trojanischen Chronik überein¬
stimmende Zeichnung zeigen, vor allem das F, T, U, Y und Z. Die Minuskeln sind
meist ebenfalls mit dieser Schrift verwandt, insbesondere das typische g. Verschwun¬
den ist jedoch die ¿/-Variante mit breiter Kursivschleife, ebenso wie die Rüssel der
Buchstaben x und y. Im ganzen erfüllt diese Bastarda jedoch bereits besser die an eine
Druckschrift gestellten Ansprüche, obwohl eine allzu ausgeprägte Uneinheitlichkeit
der Richtung der manchmal vertikalen, manchmal kursiv geneigten Minuskelschäfte
die Drucksatzseite immer noch mit einer kennzeichnenden Unruhe erfüllt.
In die Gruppe der böhmischen Bastarden müssen wir als auf sie chronologisch fol¬
gend auch die Schriften zweier lateinischer Inkunabeln einreihen, deren erste, die
Statua provincialia Arnesti, 1476 gedruckt ist, während die zweite, das Missale eccle-
siae Pragensis, im Jahre 1479 in Pilsen erschien (Abb. 285). Bemerkenswert ist vor
allem der zweite dieser Drucke, weil er einerseits das erste in Europa gedruckte voll¬
ständige Missale darstellt, anderseits weil für ihn nicht die beim Druck liturgischer
Bücher übliche formale Textur verwendet wurde. Die Schrift dieser beiden Inkunabeln
wird wegen einer gewissen Steifheit, der dunklen Färbung und betonten Vertikalität
des Duktus durch den Strichstärkekontrast der dicken Schäfte und der schwachen
übrigen Züge manchmal irrtümlich für eine Textur gehalten und wegen ihrer Deko-
rativität, die jener der böhmischen Bastarden verwandt ist, sogar für eine böhmische
Textur von heimischem Duktus. Der Irrtum in der Klassifizierung ist hier jedoch
augenfällig, wenn wir uns die charakteristischen Merkmale der Textur und der Ba¬
starda vergegenwärtigen. Die Schriften dieser beiden Inkunabeln sind im Gegenteil
ausgesprochene Bastarden mit einbäuchigem a und kursiven, nach unten verlängerten
Schäften des У und des langen s. Es kann sich hier also um keine Textur handeln,
sondern nur um eine weitere zwar formalere, aber unbestreitbar heimische Version
einer Schrift vom Typus der Bastarda.
Eine andere Ausgabe des Neuen Testaments, die mit dem Namen Dlabac be¬
zeichnet wird und von einem unbekannten, wahrscheinlich in Pilsen tätigen Drucker
vor 1487 gedruckt wurde (Abb. 286), ist aus einer weiteren Version der böhmischen
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285. Missale ecclesiae Pragensis, 147g.
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286. Sogenanntes Dlabacsches Neues Testament, vor 1487.
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