KURSIVSCHRIFTEN DES GOTISCHEN TYPUS
die wir bereits aus der lettre de civilité kennen. Dasselbe gilt von Hamons lettre de
comptes, die lediglich eine kalligraphischere Modifikation mit kühn gezogenen Schlu߬
kurven des g, h undjy ist. Dieser Schrift ähnelt stark die nicht weniger kalligraphische,
aber sehr eckig gehaltene kursive lettre d’estât mit kleinen Abweichungen bei weiteren
Varianten des v und j. Der gotisch eckige Duktus tritt bei der lettre pleine aus der
Sammlung Le Gagneurs von 1599 (Abb. 249) mit einem Mal zurück. Die Schrift¬
zeichnung ist hier runder und leichter, obwohl es sich der Konstruktion nach immer
noch um dieselbe Schriftgattung handelt. In ihrem Alphabet finden wir weiterhin die
alte Form des d, e, v vor, aber das r, í zeigt manchmal auch unsere heutige Kursivform.
An die enge Verwandtschaft mit den vorhergehenden französischen Kursivschriften
des gotischen Typus gemahnen jedoch mit Nachdruck immer wieder die außerordent¬
lich fetten Vertikalen der Buchstaben/und langes Ein kleineres Schriftbild und eine
geläufigere, gebundenere Schriftzeichnung hatte eine weitere, lettre courante genannte
Form (Abb. 250), die sich von der zuvor erwähnten sowohl in den spitzer geschrie¬
benen Beispielen der in Holzschnitt reproduzierten Sammlung Hamons, als auch in
den von Le Gagneur in Kupferstich wiedergegebenen runderen Modifikationen vor
allem dadurch unterscheidet, daß das /bei Einbuße seiner typischen Dicke unten zu
einem mehr oder minder ausgreifenden Bogen gerundet wird. Von dieser Schrift
unterschied sich im Grunde kaum eine weitere, offenbar sehr beliebte Variante der
Urkundenschrift im Repertoire der französischen Kalligraphen des 17. Jahrhunderts,
die sog. lettre de mimte, die eigentlich nur eine zur Miniatur verkleinerte und kontrast¬
freie Modifikation der lettre courante war. Den erwähnten Formen und Varianten
der französischen geläufigen Kursiv begegnen wir auch bei den niederländischen Kal¬
ligraphen, vor allem jenen, die aus französischen Quellen schöpften. Für die weitere
Entwicklung der französischen Kursiv des gotischen Typus war vermutlich die lettre
courante von größter Bedeutung, denn sie zeigt die deutlichsten Spuren des Einflusses
der Renaissanceschriften. Diesen Einfluß lassen übrigens sehr früh auch andere Kur¬
sivvarianten erkennen. So hat beispielsweise die lettre de compte in Hamons Samm¬
lung bislang, zweifellos zum größeren Teil infolge der Reproduktionstechnik des Holz¬
schnitts, einen ausgesprochen gotischen Charakter, aber eine andere Sammlung dieser
Art, betitelt Alphabet de dissemblables sortes de lettres en vers d’Alexandrin und
schon 1565 herausgegeben von Jacques De la Rue, enthält ein interessantes Beispiel
derselben Skripts, eine bereits ganz offenkundige Kreuzung des traditionell gotischen
Duktus mit dem zeitgenössischen Schrifttypus der Renaissance, wobei der erstgenannte
bislang noch deutlich überwiegt.
Durch diese Kreuzung entwickelte sich aus der geläufigen französischen Kursiv am
Ausgang des 16. Jahrhunderts eine charakteristische französische Kanzleischrift,
LETTRE FINANCIÈRE genannt, weil sie in der Kanzlei des Finanzministeriums
entstanden sein soll (Audin). Mit der bereits verhältnismäßig stabilen Zeichnung dieser
Skript haben wir es hier und dort schon in den Sammlungen der französischen Kalli¬
graphen des 16. Jahrhunderts zu tun, z. B. in dem von Beaulieu in Montpellier 1599
herausgegebenen Sammelband Exemplaires; seit Beginn des 17. Jahrhunderts fehlt
die lettre financière jedoch in keiner kalligraphischen Sammlung, und sie ist natürlich
auch in beiden 1601 in Paris erschienenen Publikationen De Beaugrands enthalten,
der Panchrestographie und der Poecilographie. Ausgezeichnet vertreten ist sie in den
berühmten Oeuvres des hervorragenden Pariser Meisters Materot von 1608, typische
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248, 24g. Lettre carrée. P. Hamon, 1580. - Lettre pleine. Le Gagneur, іддд.