GOTISCHE BUCHMINUSKEL
Rotunda im Buchdruck tat ihrer Zeichnung keinerlei Abbruch, sondern sie hatte in
den Drucklettern im Gegenteil einen Gewinn zu verzeichnen, weil diese sie weit fester
stabilisierte, als das bei ihren handschriftlichen Formen möglich gewesen war. Was
die Schriftzeichnung betrifft, hat die Druckrotunda natürlich mit ihrer handschrift¬
lichen Vorlage alle typischen Merkmale gemeinsam, und da sie in ihrem Alphabet
noch besser differenziert war, konnte sie in viel kleineren Dimensionen verwendet
werden als die Textur. Und weil diese Schrift sich vor allem von Venedig aus nach
Italien und dem übrigen Europa verbreitete, nannten sie die Drucker anderer italie¬
nischer Städte und anderer Länder littera Veneta, womit sie sich dem Beispiel der rö¬
mischen Drucker anschlossen, die die Druckrotunda schon vor 1481 so bezeichneten
(Hessel). Heute versteht man in der modernen Fachliteratur unter der Bezeichnung
venezianische Schrift allerdings eine bestimmte Form aus der Gruppe der Druck¬
schriften des Renaissancetypus, die von Nicolas Jenson zur höchsten Vollendung ge¬
bracht wurde, aber weit mehr Anklang fanden im 15. Jahrhundert Jensons Rotunden.
Der in seinen Anfängen vom Humanismus beeinflußte Buchdruck Italiens zog zwar
die Schriften des Übergangs- und Renaissancetypus vor, aber in den siebziger Jahren
des 15. Jahrhunderts wandelte sich das Verhältnis unter dem Druck konservativer
kirchlicher Kreise zugunsten der Rotunda, so daß von den 1800 italienischen Schriften
des 15. Jahrhunderts etwa 1100 auf solche des gotischen Typus, d. h. vor allem auf
Rotundaschriften entfallen. Erst am Ausgang des Jahrhunderts begann die Rotunda
Boden zu verlieren, aber noch 1500 hatte sie ein unbestreitbares Übergewicht. Im
italienischen Buchdruck diente die Rotunda als Brot- wie als Auszeichnungsschrift.
In ihrer Begleitung findet man eine Vielzahl verschiedener Varianten des großen
Alphabets. In seinem Werk Die gotischen Schriftarten zählt Crous vierzehn verschiedene
M des Haeblerschen Typenrepertoriums auf, die mit den italienischen Rotunden
vorkamen.
Während die ersten uns bekannten Drucker in Italien, Sweynheimund Pannartz,
ihre Tätigkeit in Subiaco mit dem Versuch einer Druckreplik der zeitgenössischen
Schrift der italienischen Humanisten einleiteten, begann Ulrich Han im Jahre 1467
in Rom mit einer ein wenig dekorativen Rotunda größerer Dimensionen zu drucken,
um später noch einen kleineren Grad von einfacherem Schnitt hinzuzufügen. Zur
wahren Heimat der Druckrotunda wurde jedoch Venedig, das zu dieser Zeit Zentrum
des Welthandels und - auch was handschriftliche Bücher betrifft - ein Buchmarkt
von Weltbedeutung war. Es ist verständlich, daß die aus dem Norden in die Stadt
kommenden Drucker hier einen für ihre Tätigkeit sehr gut vorbereiteten Boden vor¬
fanden. Und da das konservative Venedig dem Vordringen der Renaissance länger
Widerstand leistete, hatte die Rotunda hier entschiedenen Vorrang vor anderen Schrif¬
ten dieser Zeit. Darum gedieh sie begreiflicherweise in den Schriften der veneziani¬
schen Drucker wie des Vindelino da Spira und vor allem Nicolas Jensons, der nach
1474 wenigstens sechs Gattungen der Rotunda schnitt, zur reinsten Form. Jensons
Rotunden hatten zu ihrer Zeit einen besonders guten Ruf und wurden alsbald nach¬
geahmt. Das kann uns nicht wunder nehmen, denn seine Rotunda hatte tatsächlich
alle Vorzüge einer vollkommenen Druckschrift, sie war sehr gut lesbar und graphisch
sowohl im Schnitt der einzelnen Lettern als auch im Satz der Zeilen der Buchseite
meisterhaft ausgewogen. Durch derartige Vorzüge zeichneten sich auch andere Schrif¬
ten dieses hervorragenden Meisters aus, dessen Werk wir später noch näher kennen-
400
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gra plena
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tecii bene
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Si -volet bec eabem fiée becófulerbeto:.
J0uicquib amo: »ulfitnó eftcótébere tutù
'Regnat et in bominoe iue baber »Ile fuoe
Зйіга bara é-vreba cara é fine fenere nobw*
ükurua: neccerra perfoluenba bie.
Шив 1 are bocuit quob fapu omnis bomo
Sire ánimos firangit 1 firmo» binmit vibes
Зіпе cabunt turres arte leuarur onus
ambus ingemie quelita eftglona mutrie
-Kbiincipijs oblia fero inebicma paratur
Cum mala per tongas coiiualuere moia»
0eb pzopera ncc te ventura» biffer in bota»
jQui non eltbobie era» minus optus eru.
Hon bene p» roto Uberto» venbitur aaro
Dot celeltc bonutn pitterà oibte opra
'¿neainaie animi ей boni» venerahba libertà»
вепишв Temper amai» quoque befpiacnba
вшпта perir Uuoi perdant alriflima uenri
ватта pcrant bepra fulmina тіІГа louia
3n loca nonmmqu от fícete arenna glcbie
p»p< currcnn flununc man et aqua
Chufquio «bea impfte qui meirem teftran ifh*
Ut nofeas abbtbcó p? ormile ifhib opuw
Tlofce.eiigiiftcnfie ratoolr gennam« £n> arotta
Lmauiae iftoe ordine quafqj facu
gpfe qiubuu renerà libi oe impzdTìt in tibe
ïttuliot t piare» nunc ріети arq* pzanet
Quique criflm ranjo celeftia ligna ñguna
Лurea qui ргітиа nunemonumenra рготг
Quin сгіат manibue propri!» tbimnqj figura«
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Sue regina celo? marcr regio angelo/
rum o mana floe viramam velor rof*
velilium о maria : Xua eli potencia га
rigira* bominerueofuperomneegen
reobapaecm dominera Web’ no Uns
mirabilis beue in fanais Гош £r glori
ofus га maieflate (Ьа otb parnbon lt|T
dnod piope Госсе мет пЫ Гот согаши fuorw
foi firan ignora» «foie ne МіЬжв
£rgo para cenam non quaLrm fio taxe amba
Sed I аигот fane moie cirenaico
tfanque bua» mecnm fiorente erare paella»
SLdducam quorum balfoma сипло» oicx
Méntula fola borni fedeat quam neper babeboa
Si потішп сил пае vcpabuebozmeru
Sani quimfimuleni г аиал crimen amici
0 Ыоаш bajo rumoi unftr cadai ЭЭсс ‘íbbddpbtre
pane «dea«nrfraqmnmq5Do(mmnfl quena
Дгте od et animo pieifa fiuflé rao
Sennet iftenbi.nobieiurefcnojea
Oneolumem ferner ufqj rogare licet
Eli homini uirtus fuluo preciolìor auro: xnxas
Ingenium quondam fuerat predofius auro.
M tramurqj magis quos muñera mends adomác:
Quam qui corporels emicuere bonis.
Si quauirtute mees ne defpicc quenquam
Ex alia quadam forfitan ipfe nitet
Nemo (iie taudis nitnium Içtetur honore
Ne uilis iàcrus port Tua (ata gema t.
Nemo nimis cupide fibi res defiderar ultas
Ne dum plus cupiar perdat & id quod habet.
Ne uedro и erb is cuiufquam credito blandas
Sed fi Tint fida refpicequid moneant
8U1 bene proloquirur coram led poflea prauc
iccric inuiCis bina q> ora gerat
Pax plrnam uinuris opus pax Cunma labofum
pa* brllincKii prxaum dlprxeiumquependi
Sidrra pace uigcntconfiihnu corea pace
Nil ріісішт irne pacrdco nonmunusadeam
f опил a arburiis ompaia dilpenât ubi
Ibi rapii iuuenesilU fan fracs
к&» ТЬ/йртгн Ä taMa Л діЛтоаііѵп Л
fatytgoÿa Apdrœ та vohvavwa -/ovpevu*
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227. Schriftprobenblatt E. Ratdolts, Augsburg i486