GOTISCHE MAJUSKEL
ristisch ist. Auch das V hat bislang manchmal noch seine alte Monumental-, aber
öfter die Minuskelform и mit leicht gebogenem erstem Strich. Die Zeichnung des X
ist durch die leichte Krümmung der zweiten Diagonale ein wenig modifiziert worden.
Das ganze Alphabet dieser älteren Form der gotischen Inschriftenmajuskel charakte-
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183. Titel der Gebete zum Andenken an den Tod des hl. Vitalis, 12. Jahrhundert. Detail.
risieri eine gewisse Zuspitzung der gewöhnlich schmalen Schriftzeichnung, die teils
auf die sehr kontrastreiche Modellierung nach der vertikalen Schattenachse, teils auf
die verlängerten Spitzen mancher Serifen und frei auslaufenden Striche zurückzu¬
führen ist. In Inschriften, wie z. B. einer Bulle des Papstes Gregor XI. aus dem Jahre
1372 in der Lateranbasilika (Tafel LXVIIb), ist diese Schrift zwar von außerordent¬
lich dekorativer Wirkung, aber nicht besonders gut lesbar. Vermutlich deswegen führte
man größere Inschriften auf Grabmälern und Gedenktafeln später, als der ornamen¬
tale Charakter der gotischen Majuskel zunahm, lieber in gotischen Minuskelschriften
aus, obwohl in besagter Hinsicht auch dann nicht viel bessere Ergebnisse zu erwarten
waren. Im Bereich der Epigraphie begegnen wir der älteren Form der gotischen Ma¬
juskel jedoch noch lange in Inschriften auf Münzen, Medaillen, Siegeln, Glocken und
ähnlichen Gegenständen.
Die ältesten gotischen Buchschriften werden in den Überschriften zunächst von
mittelalterlichen Varianten der quadratischen Kapitale und vor allem der Unziale
begleitet, die insbesondere in den Initialen in mehr oder weniger reiner Form ge¬
schrieben oder gemalt wird, und dies auch in einem bereits fortgeschrittenen Stadium
der Gotisierung der Minuskel, und sogar oft noch in sehr späten Handschriften. Aus
der Unziale entstand am Anfang des 12. Jahrhunderts auch eine analoge Buchform
oder vielleicht ein Prototyp der älteren Form der gotischen epigraphischen Majuskel,
die gotische Unziale, die wir in Handschriften bis zum Ende des 15. Jahrhunderts vor¬
finden, wann sie im Buchschaffen entweder durch jüngere gotische Formen oder die
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184. Romanisch-gotische gemischte Ornamentalmajuskel,
um die Mitte des 13. Jahrhunderts.
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