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147. Irische Minuskel, 8.-12. Jahrhundert.
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IRISCH-ANGELSÄCHSISCHE HALBUNZIALE
Komponenten der graphischen Gestaltung der Handschrift zu solcher Vollkommenheit
gebracht. Und was die kalligraphischen Werte betrifft, kann sich nur die Schule von
Monte Cassino mit der irischen messen.
In England beginnt die Geschichte der Schrift, wenn wir von den epigraphischen
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148. Evangeliar aus Canterbury, um das Ende des 8. Jahrhunderts.
Denkmälern aus der römischen Okkupationszeit absehen, erst mit zwei Kalligraphie¬
schulen, deren jede von einem anderen Grundtypus Ausgang nahm. Die erste Schule
gründeten römische Missionare in Canterbury im Süden Englands, wo sie die latei¬
nischen Majuskelschriften — die klassische Kapitale und die römische Unziale — ein¬
führten. Ihre Tätigkeit war jedoch anscheinend nicht von langer Dauer, und sie
scheint auch keine besondere Verbreitung genossen zu haben, wie man aus der ver¬
hältnismäßig kleinen Zahl englischer Handschriftendenkmäler schließen kann, die mit
einer Unziale oder klassischen Kapitale geschrieben sind. Von weit größerer Bedeutung
war die nordenglische Schule, die 634 von dem irischen Missionar Aidan in Lindis-
farne gegründet wurde. Dieser verpflanzte natürlich den irischen Schreibstil nach
England, weshalb auch die Schrift der ersten Handschriften dieser Schule dieselben
Formen zeigt, wie wir sie bei der irischen Schrift feststellen konnten. Und wenn wir
diese angelsächsische Schrift nach einer zeitgenössischen Handschrift beurteilen, z. B.
dem unter der Bezeichnung Book of Durham bekannten berühmten Evangeliar aus
der Zeit um 700 im British Museum, so sehen wir, daß es sich sogar um eine getreue
Replik handelt, die man praktisch überhaupt nicht von ihrem Prototyp, der irischen
Halbunziale, unterscheiden kann. Das gleiche gilt von der gesamten Ausgestaltung
dieses Kodex, der in allem, auch in der vollendeten Ausführung, an das Book of Keils
erinnert. Den irischen Charakter behält die angelsächsische Schreibkunst auch in den
Handschriften des folgenden Jahrhunderts bei, doch schon aus diesem haben wir Be¬
weise dafür, daß die angelsächsische Halbunziale sich doch, wenn auch nur in sehr
geringem Maß, von ihrem Vorbild löste, ein wenig leichter und Achter wurde und
auch in der Zeichnung mancher Buchstaben kleinere heimische Abweichungen zeigt.
Im Fragment des Evangeliars aus dem Kloster des hl. Augustinus in Canterbury, das
aus dem 8. Jahrhundert stammt (Abb. 148), nimmt in der insgesamt lichteren Zeich¬
nung der kurzen Zeilen vor allem der Buchstabe r unsere Aufmerksamkeit in Anspruch,
denn er zeigt eine Übergangsform von der Majuskel zur Minuskel, die unserem kur¬
siven p ähnelt. Der Querstrich der Unzialform des e ist manchmal mit der unteren
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