д ¿г/
12g. Kursiv kaiserlicher Reskripte, 4.-5. Jahrhundert.
230
KLASSISCHE RÖMISCHE KURSIV
die Fragmente ins 4.-5. Jahrhundert und unterstützt seine Ausführungen durch das
hier schon erwähnte Mandat der kaiserlichen Kanzlei aus dem Jahre 367, das den
untergeordneten Verwaltungsbehörden die Verwendung dieser nur ihr allein vor¬
behaltenen litterae coelestes verbietet und ihnen empfiehlt, sich künftig weiterhin der
130. Kaiserliches Reskript. 4.-5. Jahrhundert. Detail.
gewöhnlichen Schrift - der geläufigen Kursiv - zu bedienen. Wenn diese kaiserliche
Kursiv auch keine neue Grundform der Kursiv darstellt, wovon wir uns sogleich
überzeugen werden, ist sie auf ihre Weise, vor allem mit ihrem flüssigen Duktus,
eine bemerkenswert fortgeschrittene Kursiv. Das Flüssige dieser Schrift kommt durch
konsequent genutzte Ligaturen zustande, die in diesem Fall jedoch zu besonders fol¬
genschweren Veränderungen einzelner Buchstaben führen, je nachdem, welches die
Nachbarbuchstaben sind. Die Kontinuität des Duktus unterstützten oft nach oben
verlängerte Schleifen, die es möglich machten, in einem ununterbrochenen Zug zu
schreiben. Doch auch diese Möglichkeit war hier nicht voll genutzt. Da in dieser
Schrift eigentlich nur nach oben hinausragende Striche und Schleifen zur Geltung
kommen, kontrastiert der Kopf der Zeile auffallend mit deren Fuß, wo die frei ra¬
genden und meist leicht nach links oder rechts gebogenen Schäfte eine ausgeglichene
Reihe bilden. Im Alphabet dieser Kursiv (Abb. 129) begegnen wir einer Reihe Buch¬
staben, deren Form wir bereits aus der klassichen Kursiv kennen, z. B. dem a, d, p, r;
andere Buchstaben sind hier jedoch mit Formen vertreten, die nur diese Kursiv kenn¬
zeichnen. Neu ist schon das mit einer kursiven Schleife nach oben schießende c, ähnlich
wie das l von gleicher oder nahezu gleicher Kursivform. Eine völlig neue Form hat
231