RÖMISCHE KURSIVSCHRIFTEN
Konstruktion durch kursive Deformationen veränderten Buchstaben hat hier zwar im
Wesentlichen nicht mehr zugenommen, der Kursivcharakter selbst kommt jedoch
durch ähnliche Ligaturen zum Ausdruck wie bei den Handschriften auf Papyrus. Auf
unserem Beispiel aus dem Text eines dieser siebenbürgischen Täfelchen, einem Ver-
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126. Übersicht kursiver Modifikationen des lateinischen Alphabets auf dakischen
Wachstäfelchen aus den Jahren 131-167.
trag über den Kauf einer Sklavin aus dem Jahre 139 (Abb. 127), sehen wir, daß die
einzelnen Buchstaben gleichfalls nicht isoliert geschrieben, sondern auf ähnliche Weise
verbunden sind. Doch auch hier wurde diese Möglichkeit noch nicht voll genutzt.
Dem standen vielleicht gerade das Schreibmaterial und die Technik im Wege, der es
mehr entsprach, das Schriftbild in womöglich gerade Züge zu zerlegen. Deshalb
kommt es inzwischen auch nur zu einer interessanten Kreuzung beider Schreibmetho¬
den, zur Verbindung des letzten, meist isolierten Strichs des einen Buchstabens mit
dem ersten, ebenso isolierten Strich des folgenden. Da diese Art des Anknüpfens hier
meist nur darin besteht, daß der letzte Zug eines Buchstabens als erster des folgenden
dient, kommen seltsame Ligaturen nicht nur zweier benachbarter Buchstaben, sondern
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KLASSISCHE RÖMISCHE KURSIV
einer ganzen Buchstabenreihe zustande, die nicht einmal zwischen den Worten unter¬
brochen wird. Wenn auf diese Weise vielleicht ein schnelleres Schreiben ermöglicht
wurde, hat sich anderseits die Lesbarkeit des Textes beträchtlich verschlechtert. Die
ist bei unserem Beispiel in der Tat ganz miserabel, obwohl die einzelnen Buchstaben
des Alphabets dieses Textes sich in nichts wesentlichem von den Formen unterschei¬
den, die wir bisher bei der formalen Analyse der römischen klassischen Kursiv kennen¬
gelernt haben.
Kursive Schriften dieses Typus kann man im 2. Jahrhundert nicht nur in den
Texten der Wachstäfelchen, sondern natürlich auch in den zeitgenössischen Hand¬
schriften auf Papyrus feststellen. Als besonders schönes Beispiel einer klassischen Kur¬
siv mit gebundenem Duktus sei eine sehr gut erhaltene Papyrusurkunde des Britischen
Museums genannt, die einen Vertrag über den Verkauf eines kleinen Sklaven enthält
und im Jahre 166 in Seleucia niedergeschrieben wurde (Tafel XXXVI). Der Haupt¬
teil dieses Vertrags ist mit einer Schrift geschrieben, die zwar weniger oft, aber auf
ganz ähnliche Weise verbunden wird. Infolge der geringeren Anzahl von Ligaturen
ist die Schrift etwas besser lesbar, wozu auch die größere Sorgfalt beiträgt, mit der das
Dokument schriftlich niedergelegt wurde. Aus diesem Grund, ebenso wie der wirklich
interessanten Schriftzeichnung wegen, haben wir es für nützlich gehalten, auch aus
dieser Kursiv ein Alphabet zusammenzustellen (Abb. 128), das vor allem mit einem
gewissermaßen kalligraphischen Rhythmus der runden Formen und geraden Linien
für sich einnimmt. Die einzelnen Buchstaben haben gewöhnlich sehr breite Propor¬
tionen, in denen sich im Grunde die Konstruktion jener Formen erhalten hat, die für
die klassische Kursiv typisch sind. Nur gewisse Buchstaben wurden mit einem anderen
Duktus geschrieben, wie es ihrer Verbindung mit den benachbarten Buchstaben ent¬
sprach. So z. B. wird der Bogen des E meist in zwei deutlich getrennte Züge geteilt,
und aus isolierten Strichen setzt sich oft auch die Zeichnung der Buchstaben C, G
und V zusammen. Kreisförmig ist manchmal der 'Bauch’ des B. Von verwirrender
Ähnlichkeit sind die Buchstaben A und R, ebenso wie das oft in vier Zügen geschrie¬
bene M, das man leicht mit zwei A oder R verwechseln kann, vor allem weil die ersten
Striche dieser Buchstaben nicht immer ausgeprägt genug unter die Fußlinie verlängert
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127. Dakisches Wachstäfelchen aus dem Jahre 13g. Detail.
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