ХХБОС
òeefcb
IlODCON
Nioppq
R5TÍ U X
106. Römische Unziale, 4.-5. Jahrhundert.
196
RÖMISCHE UNZIALE
ins 4. Jahrhundert datiert wird (Tafel XXX). Für uns ist diese Handschrift von be¬
sonderem Interesse, weil wir darin zum ersten Mal dem Buchstaben M in Gestalt
eines verkehrten omega aus der griechischen Unziale begegnen. Diese Form, die ge¬
wöhnlich für eines der wichtigsten Merkmale der Unzialschriften gehalten wird, ob-
J4*! it£5 f p.jç i£>x ы tsòvJ kxq.
CuUuéTM f<5P.plxc;XdSTCUltojî.um
quoqudiNCÉN jvrép.J*->>é5im ìLix
JL0C10P.é5^05éTKCC0l>-eC»*-
5XJ4 fXCUKJt H UHCbdllOéXéP-CÊM
ioj. Römische Unziale, 4.-5. Jahrhundert.
wohl sie als bedeutungslose kalligraphische Nuance parallel mit der Minuskelzeich¬
nung dieses Buchstabens in der Unziale vorkommt, finden wir auch in einigen bereits
erwähnten afrikanischen Steininschriften etwa vom Ende des 3. und aus dem 4. Jahr¬
hundert vor, deren verschieden gemischte Schriften Hübner ziemlich unzutreffend
mit dem Terminus scriptura uncialis qualifiziert. Die Schrift des ursprünglichen zwei¬
spaltigen Textes der Abhandlung Ciceros De re publica, dessen Pergament im 8. Jahr¬
hundert für einen gleichfalls mit einer wenn auch viel kleineren Unziale geschriebe¬
nen Kommentar des hl. Augustinus wiederbenützt wurde, ist eine massive und regel¬
mäßige, in schmalen Spalten geschriebene Unziale von außerordentlich reinem Ty¬
pus, was der angeblich für Handschriften aller Zeiten und Länder allgemein gültigen
Regel entsprechen soll, daß die ersten Beispiele neu entstandener Schriften die besten
und reinsten seien. Meines Erachtens hat sich diese Regel jedoch nicht immer bewährt
und auch die weitere formale Entwicklung der Unziale liefert hierfür keine besonders
anschauliche Bestätigung.
In einem Wiener Fragment des Titus Livius aus dem 4.—5. Jahrhundert (Abb. 107)
ist die Unziale nicht minder typisch und in der Zeichnung bereits konsequent voll¬
endet. Die Unziale der St.-Cyprians-Episteln, die wir hier am Anfang der Entwicklung
dieser Schrift erwähnten, wies noch gewisse Unzulänglichkeiten auf. Denn es fehlten
immer noch gewisse Merkmale, die, wie bereits erwähnt, als Kennzeichen einer Schrift
dieses Typus gelten. Vor allem entsprach sie nicht ganz, wie wir wissen, dem Prinzip
einer Majuskelschrift, weil die Zeichnung vieler Buchstaben immer noch beträchtlich
über das Grundsystem hinausreichte. Das war insbesondere beim В der Fall, das mit
seinen Dimensionen stark von den übrigen Buchstaben des Alphabets abweicht. Der
zweite Einwand könnte gegen die Zeichnung des Buchstabens M geltend gemacht
werden, der noch nicht die Form eines verkehrten omega der griechischen Unziale
hat. Ähnliches kann man der Schrift von Ciceros Abhandlung De re publica nicht
mehr vorwerfen, und auch dem Unzialalphabet des Wiener Livius nicht (Abb. 106).
Das gesamte Alphabet ist hier bereits zwischen die beiden Linien eines Majuskel-
197