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Bild 7. Karolingische Minuskel, 11. Jahrh. u. Z.
Unterdessen blieb die römische Kapitale als Auszeichnungsschrift und in den Initialen (große An¬
fangsbuchstaben) lebendig. In den „Lombardischen Initialen", die das ganze Mittelalter hindurch
Verwendung fanden, mischen sich ihnen unziale Züge bei. Ihre Ausschmückung steigert sich oft zu
höchster Pracht.
Die Wandlung vom romanischen zum gotischen Stil, dessen auffallendstes Merkmal der Übergang
vom Rundbogen zum Spitzbogen ist, findet auch in der Schriftentwicklung ihren Ausdruck. Vom
n. Jahrhundert an beginnen die Buchstaben sich zu verändern. Die Buchstabenschenkel rücken näher
zusammen, und die Rundformen
werden zu Senkrechten, die durch
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körper werden auf Kosten der
Ober- und Unterlängen höher¬
gezogen. Das Schriftbild erscheint
in sich verwoben und zeigt in
Übereinstimmung mit dem Bild
gotischer Dome einen ausge¬
sprochenen Zug zur Höhe. Die
gitterartige Struktur hat dieser
Schrift den Namen „Textur"
eingetragen. Die heute noch gebräuchliche, aber unzutreffende Bezeichnung „Gotische Schrift" geht
auf die Humanisten zurück. Diese sahen in den Goten die Zerstörer der antiken Kultur. Mit
dem Ausdruck „gotisch" wollten sie die ihrem Geist entgegengesetzten Formen als barbarisch
kennzeichnen.
Da sich die Kleinbuchstaben weitgehend angeglichen hatten, machte es sich notwendig, das i beson¬
ders auszuzeichnen, wenn es neben einem zweiten i, einem n oder u stand. Daraus entwickelte sich
schließlich der allgemeine Gebrauch des i-Punktes. In dieser Epoche wurden die Versalien kapitaler
und unzialer Herkunft immer mehr dem Stil der Kleinbuchstaben angeglichen. So entstanden nach
und nach die Großbuchstaben der gotischen Schrift. Als Verkehrsschrift bildete sich vom 13. Jahr¬
hundert an die Kurrentschrift aus, die zur Ahne unserer heutigen deutschen Schreibschrift wurde.
Seit Erfindung der Buchdruckerkunst vollzieht sich nun die Weiterentwicklung der Schrift vorwiegend
in der Druckschrift, deren erste Typen noch der handgeschriebenen Textur nachgebildet waren. Die
Einheitlichkeit des Schriftgebrauchs löst sich wieder auf. Drei Schriften gehen aus der Textur hervor:
die Rotunda, die Schwabacher und die Fraktur. "Während die Textur im nördlichen Mitteleuropa konse¬
quent weiterentwickelt wurde, setzte in Italien, in dem
die Gotik nie ganz heimisch geworden war, die Rück¬
kehr zum Rundungsprinzip ein. Die rundgotische Schrift,
„Rotunda" genannt, zeigt wieder mehr Breitenentwick¬
lung und größere Verschiedenheit der Schriftzeichen. Seit
1479 erscheint sie auch in Süddeutschland und wird dort
neben der Textur und der Schwabacher angewendet. Die
Form der Schwabacher, anscheinend aus der Kurrent¬
schrift abgeleitet, wurde durch die Holzschneidetechnik
beeinflußt. Man fühlt, wie sie durch "Wegschneiden des
Grundes von außen her entsteht. Im Gegensatz zur feier¬
lich-mystischen Textur erscheinen uns ihre derben, fast
als humorvoll anzusprechenden Formen mehr von welt¬
lichem Geist erfüllt. Groß- und Kleinbuchstaben sind bei
dieser Schrift erstmalig zu einem einheitlichen Ganzen
verschmolzen (siehe auch Tafel 9).
Als Kind der nordischen Renaissance entwickelte sich
Bild 8. Textur aus der Textur die „Fraktur", d. h. Bruchschrift.
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Im weiteren Sinne versteht man
unter dieser Bezeichnung alle ge¬
brochenen Schriften, insbesondere
auch die Textur; im engeren Sinne
bezeichnen wir mit diesem Na¬
men die von neuem Formwillen
gewandelte Textur. In den Klein¬
buchstaben der Fraktur wechseln
gerade und runde Formen ab und
erzeugen ein harmonisches, gut
lesbares Schriftbild. Die formen¬
reichen Großbuchstaben lassen
schon den barocken Geist deut¬
lich werden. (Barock: die Weiter¬
entwicklung des Renaissancestiles
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Bild 9. Italienische Rotunda, Ende des 15. Jahrh. u. Z.
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Bild 10. Schwabacher, 1474
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Bild 11. Fraktur, 1557
zu überschwenglichen Formen.)
Maßgebend beteiligt an der Ent¬
wicklung der Fraktur war der
Nürnberger Schreib- und Rechenmeister Johann Neudörffer, ein Zeitgenosse Albrecht Dürers.
In Italien brach sich schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts die Renaissance ("Wiedergeburt der Antike)
Bahn. Man wendete sich dort endgültig vom gotischen Stil ab und ergab sich den Einflüssen des Alter¬
tums in Künsten und "Wissenschaften. In Abschriften antiker Literatur aus der karolingischen Epoche
Colkjiihuius Amator
Bild 12. Antiqua. Aus einer Grabinschrift vom Jahre 1578
glaubte man die Urschriften zu erkennen, so sehr entsprach ihre lichte und klare Struktur den dama¬
ligen Vorstellungen von klassischem Geist. Man kopierte diese Anschriften zunächst mit großer Treue
und nannte die Schrift „Antiqua", die Alte. Als Großbuchstaben wurden die Zeichen der römischen
Kapitale verwendet. Durch Angleichung der Gemeinen an den Stil der Kapitalbuchstaben versuchte
man, diese Abkömmlinge verschiedener Entwicklungsstufen zu einer Einheit zu verschmelzen. In der
Antiqua fanden die Humanisten eine wesensgleiche Schrift zum Druck ihrer Bücher. Mit dem Formgut
der Renaissance kam auch sie über die Alpen und wurde hier neben der Fraktur herrschend. Diese
vom Handschriftlichen noch beeinflußte Schrift bezeichnen wir heute als Mediäval- (mittelalterliche)
Antiqua. Aus der Antiqua entwickelte sich eine Kursive von gefälligen Formen, die Italique, aus der
unsere moderne lateinische Sdireibschrift hervorging.
Hiermit ist die Entwicklung der Schrift im wesentlichen abgeschlossen. Spätere Stileinflüsse brachten
wohl Abwandlungen, aber keine Neuformen hervor. An der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert
formten Didot in Frankreich, Bodoni in Italien und "Walbaum und Unger in Deutschland unter dem
Roy ne Regente voßre Mere
Bild 13. Französische Kursivschrift, 1649