Breite der Haarstriche oder der Füßchen gerade entspricht. Mittelgroße Buchstaben werden nach
Vorziehen der kräftigen Kontur gleich zugelegt. Damit übersieht man sofort die Wirkung und erzielt
ein flüssigeres Schriftbild als beim Vorkonturieren mit späterem Ausfüllen. Mit Lackfarbe geschrie¬
bene Schriften müssen ja in jedem Falle gleich gedeckt werden, damit die Farbe gleichmäßig ver¬
läuft und die vorgemalten Konturen nicht sichtbar werden.
Man mache es sich zur Gewohnheit, mit einem möglichst großen Pinsel zu schreiben. Die Schrift
nimmt sich so viel fülliger aus. Für große Schriften auf Giebeln und Bauplanken erhält man kräftige,
kurze Pinsel in Blechzwinge, meist aus Bärenhaar (Bilder 131, e und f). Diese greifen auch auf unebenen
Gründen durch. Man benutzt sie auch gern .zum Streichen kleiner Schildchen. Mit diesen Pinseln er¬
hält man etwas abgestumpfte Ecken. Das ist bei großen Schriften erwünscht. Mit zu spitzen Ecken
erscheinen dies dünn und flach. Überhaupt wirkt eine Schrift, die gleich in ihrer vollen Fläche ent¬
steht, viel vollkommener als eine dünn vorkonturierte. Der Strich mit einem breiten Pinsel ist eben
viel großzügiger und entschiedener. Das macht sich in der ganzen Erscheinung bemerkbar. Große
Schriften schreibe man also lieber mit einem reichlich breiten Pinsel und gehe die Ecken mit einem
kleineren nach.
Schreibpinsel müssen erst eingeschrieben, „dressiert", werden. Erst dann gehorchen sie dem Willen des
Schreibers restlos. Sie verlieren dabei überflüssige Haare. Man schreibt Marderpinsel, deren Haare
ja etwas steif sind, am besten mit schweren Farben (Bleiweiß) und an größeren Schriften ein. Einen
eingeschriebenen Pinsel gebe man unter keinen Umständen in andere Hände.
Nach Gebrauch sind die Schreibpinsel sorgfältig auszuwaschen. Man arbeitet Schmierseife hinein und
wäscht diese am besten mit lauwarmem Wasser heraus. Besonderer Wert ist auf eme vollständige Säube¬
rung am Bund zu legen. Wenn dort Farbe verhärtet, wird der Pinsel bald unbrauchbar. Lackfarben
müssen erst mit Terpentin ausgespült werden. Der Pinsel wird nach dem Waschen sorgfältig in seine
Form gedrückt und in einem Blechkästchen so aufbewahrt, daß die Haare sich nicht verbiegen können.
Am besten werden die Pinsel durch kleine federnde Zwingen gehalten, ähnlich wie in Aquarellkästen.
Sie lassen sich dann ohne Beeinträchtigung ihrer Form transportieren.
Wer regelmäßig mit Ölfarben schreibt, bewahrt die Pinsel eingefettet auf. Sie leiden durch das viele
Auswaschen mehr als durch das Schreiben. Nach dem Ausspülen in Terpentin werden die Pinsel in
das neutrale Vaselinöl getaucht und mit
den Fingern aus- und zurechtgedrückt.
Vor dem nächsten Gebrauch muß das
nichttrocknende öl mit Terpentin ausge¬
spült werden, am besten nacheinander in
3 Töpfchen, die man sich zu diesem
Zwecke vorrätig hält. Schreibpinsel be¬
zieht man vorteilhaft von einem Spezial¬
geschäft für Schildermalerbedarf.
Kleinere Schriften schreibt man am besten
in waagerechter Lage mit Hilfe der
Bild X3*. Die Schreibbank Schreibbank (Bild 132). Es ist zweck-
mäßig, wenn der Sitz des Schreibers dazu
etwas erhöht ist. Ein Arbeitstisch, dessen Tafel schräg gestellt werden kann, ist sowohl zum Zeichnen
als auch zum Schreiben vorteilhaft. Er ermöglicht eine bessere Sicht über die Arbeit.
Der Schildermaler zieht beim Schreiben nie eine Linie am Lineal. Es wäre viel zu zeitraubend und
würde außerdem kein flüssiges Schreiben ermöglichen. Alle Geraden, die nicht frei gezogen werden
können, zieht er mit Hilfe des Malstockes. Sie werden dadurch auch viel lebensvoller und entschie¬
dener als am Lineal gezogene Linien. Auf die zweckmäßige Beschaffenheit des Malstockes ist größter
Wert zu legen. Es gibt vierkantige und runde Maistöcke. Die runden sind am gebräuchlichsten. Der
Malstock soll zylindrisch, nicht aber konisch geformt sein. Seine Länge soll etwa 60 -65 cm betragen.
Für besondere Zwecke halte man sich auch kürzere vorrätig. Buche oder Erle sind am geeignetsten.
Der Durchmesser soll 1,2-1,3 cm betragen. Der Stab muß vollständig glatt und poliert sein.
An der Spitze ist eine Holzkugel von etwa 3.5 cm Durchmesser fest einzuzapfen. Darüber bringe
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man einige Lagen feinfädigen Leinens an. Es ist kurz unter dem Bund abzuschneiden und von Zeit
zu Zeit zu erneuern. Der Malstock ist stets sauberzuhalten und vor Beschädigungen sorgfältig zu
schützen.
Wichtig ist auch ein geeigneter Schreibtopf. Hier kann man bei Malern tolle Dinge erleben; daß aus
einem Streichtopf geschrieben wird, ist noch das mindeste. Es ist sogar nichts Seltenes, daß aus dem
Eimer geschrieben wird. Ich beobachtete einen Malergehilfen auf einem Bockleitergerüst, der den
Farbtopf an der Leiter angebracht hatte. Zu jedem Eintauchen balancierte er auf der Pfoste zum Topf
und zurück. Die Schrift war entsprechend unausgeglichen und steif. Kein Wunder, denn er unterbrach
ja dauernd den Rhythmus des Schreibens. Der Schreibtopf soll neben dem Malstock bequem gehalten
werden können. Seine günstigste Höhe ist etwa 6 cm, der Durchmesser 3 cm. Ideal sind die Blech¬
behälter, in denen manchmal die Rasierseife verpackt ist. Im Laufe der Zeit wird man sich mancher¬
lei kleine Töpf chen sammeln können, die ineinandergestellt wenig Platz im Werkzeugkoffer einnehmen.
Der Rand des Schreibtopfes sei nicht umgebördelt, sondern scharf abgeschnitten. Er darf nie von
Farbe verkrustet sein. Auf dem Rand soll der Pinsel nach dem Eintauchen in Form gebracht werden.
Sehr breite Plakatschreiber lassen sich auf einer kleinen Topfrundung nicht gut zurichten. Hier darf
ein Töpfchen mit einem Durchmesser bis zu 6 cm verwendet werden, der dann allerdings einen Henkel
besitzen muß.
Zum Schreiben nimmt man den Schreibtopf gleichzeitig mit dem Malstock in die linke Hand. Das
Bild 133 erübrigt alle weiteren Erklärungen. Mit dieser Handstellung wird der Malstock als Stütze
und Auflage für die rechte Hand gehalten. Die schreibende Hand darf nur ganz leicht aufliegen, um
die volle Bewegungsfreiheit zu behalten. Zum Ziehen der Geraden wird der kleine Finger der linken
Hand noch vor den Malstock gelegt (Bild 134). Der Rücken des Mittelfingers hält den Abstand vom
Schildgrund. Die rechte Hand faßt den Schreibpinsel kurz (er soll keinen zu langen Stiel haben) und
führt ihn in einiger Entfernung vom Malstock (Bild 135). Die Führung liegt zwischen den Spitzen
von Zeige- und Mittelfinger. Die Fingernägel müssen dazu kurz verschnitten sein. Etwas Speckstein
fördert das ungehemmte Gleiten der Fingerspitzen. Dem Anfänger wird das Ziehen am Malstock zu¬
erst Schwierigkeiten bereiten. Sie schwinden mit zunehmender Übung. Diese Technik ergibt einen ge¬
schmeidigen Strich, der bei geeigneten Schriften sogar etwas geschwungen geführt werden kann.
Die Konsistenz der Schreibfarbe muß dem Pinsel angepaßt sein. Besonders Lackfarben muß von Zeit
zu Zeit mit der Spritzflasche etwas Verdünnung zugefügt werden. Die Verdunstung ist um so geringer,
je enghalsiger der Schreibtopf ist. Schreibfarben werden stets frisch zubereitet. Nur gemischte Farben
wird man in manchen Fällen noch am nächsten Tag verwenden müssen. Die Farbe wird dann durch
spiralförmiges Drehen des bloßen Fingers vom Topfrand nach unten gewischt und mit Halböl über¬
schichtet. Auf diese Weise können keine Unreinigkeiten entstehen.
•Bild 133. Das Halten von Malstock Bild 134. Die Finger der linken Hand
und Schreibtopf beim Strichziehen am Malstock
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