(Bilder ііб und 117). Bei der Verbreiterung nur einer Seite wird dabei meist die Sicht von
rechts, bei der Verbreiterung von zwei Kanten die Sicht von rechts unten angenommen. Auf den
Standpunkt des Betrachters ist Rücksicht zu nehmen. In den wenigen vorkommenden Fällen, in denen
die Schrift unter Augenhöhe steht, muß die Verbreiterung oben angesetzt werden. Wir empfinden es
als widernatürlich, wenn diese Kanten anders aufgemalt sind, als wir sie bei einem wirklich plasti¬
schen Buchstaben sehen würden. Niemals darf deshalb bei einer Giebelbeschriftung die Schrift in Auf¬
Bild 118. Falsche und richtige Stellung der Schattenkante an einer Giebelwand
Bild 119. Die Doppelkontur
sieht gezeigt werden, wie es oft zu sehen ist. Die hierdurch erzielte stärkere Wirkung ist negativer Art
und deshalb unbedingt zu verwerfen. Es entsteht der Eindruck, als ob die Buchstaben nach vorn
fallen (Bild 118).
Bei grafischen Arbeiten wird die Schrift manchmal nur aus dieser schattierten Kontur gebildet. Die
eigentliche Schriftfläche steht im Grundton wie aus technischen Gründen auf unseren Abbildungen. Für
Schilderbeschriftungen eignet sich diese Ausführungsart nicht. Hier müssen Schrift und Grund wenig¬
stens einen leichten Tonunterschied zeigen.
Das Beispiel einer Doppelkontur zeigt Bild 119. Neben der Bereicherung des Eindrucks erzielt sie
bei starkem Tonunterschied von Schrift und Grund einen weicheren Eindruck. Sie muß äußerst präzis
ausgeführt sein, wenn sie gut aussehen soll.
Der Schatten
Bei heller Schrift auf dunklem Grunde verstärkt der Schatten den Kontrast. Dagegen spielt er eine
vermittelnde Rolle, wenn die Schrift dunkel auf hellem Grunde steht. Aus der Natur des Schattens
ergibt sich, daß er im Ton weicher ist als die Kontur, und daß er farbig zum Grund gehört. Er wirkt
organisch, wenn die Grundfarbe im Ton verstärkt und ihr dann eine Kleinigkeit der Schriftfarbe
zugefügt wird.
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Bild 120. Der Schriftschatten
In seiner Anordnung und
Zeichnung unterliegt er
denselben Gesetzen wie
die Schattenkontur. Bei
einer neueren Abart des
Schattens wird die Schrift
einfach versetzt. Der Ein¬
druck entspricht der Schat¬
tenwirkung von der Wand
abstehender Buchstaben.
Die Schatten dürfen aber
nur soviel versetzt wer¬
den, daß sie mit der
Schrift noch in Verbindung
bleiben. Bei Schriften von
ungleicher Schenkelbreite
sollen deshalb die Schat¬
ten in senkrechter Richtung • %
nur um ein etwas geringeres Maß versetzt werden, als die Haarstriche breit sind. Andernfalls
ein unsicherer Eindruck, der die flächige Wirkung stört (Bilder 120 und 121).
Bild 121. Gegenbeispiel
Die Loslösung des Schattens vom Buchstaben ergibt ein unruhiges
Bild
entsteht
Die Belebung der Buchstabenschenkel
In der Absicht, einen reicheren Eindruck zu erzielen, werden auch die Buchstabenschenkel manchmal
dekorativ ausgestaltet. Durch diese Maßnahmen darf die Schrift jedoch nicht zerrissen werden. In ihrer
Gesamtheit muß sie im Ton geschlossen gegen den Grund stehen. Die Möglichkeiten sind bei den ein¬
zelnen Schriften verschieden. Die klassischen Antiquaschriften vertragen z.B. nur die weiter unten
besprochene Prismaaufteilung. Es ist also stets von der Schriftart auszugehen. Wir zeigen in unserem
Bild 122 einige Möglichkeiten. Dabei sind wir durch die Reproduktionsart in der Tonwiedergabe
beschränkt.
Bild 122. Die dekorative Ausgestaltung der Buchstabenschenkel
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