Dieses Ergebnis wird manchen überraschen. Einige Verschiebungen sind vielleicht noch durch Ton¬
änderungen möglich. Im großen und ganzen bestätigen aber diese Untersuchungen die praktische Er¬
fahrung. Dunkle Schriften auf hellem Grunde sind auf weitere Entfernung lesbarer als umgekehrt.
Dabei ergibt der stärkste Kontrast von Schwarz und Weiß nicht die größte Deutlichkeit. Leichte Ton¬
milderungen erhöhen also die Lesbarkeit offensichtlich.
Überraschend ist die Feststellung, daß auf weißem Grunde Grün vor Rot erscheint. Da es sich um
Versuche mit Druckplakaten handelt, ist offenbar der Einfluß der Atmosphäre nicht voll zur Geltung
gekommen. Rot hält aber der Atmosphäre besser stand als Grün und Blau. Im Halblicht werden die
warmen Farben dunkler, während die kalten verblassen. So kann es passieren, daß bei vorgeschrit¬
tener Dämmerung eine dunkelblaue Schrift heller erscheint als der hellgelbe Grund. Die Zusammen¬
stellung von Rot und Schwarz ergibt eine besonders schlechte Lesbarkeit, da auch das Rot zur Dunkel¬
heit neigt. Diesem Umstand läßt sich etwas abhelfen, indem man die rote Fläche erst mit Weiß
abdeckt und dann mit einem dünnen roten Überzug versieht. Es ist dazu trotzdem Deckfarbe zu ver¬
wenden, da Lasurschichten zu wenig Oberflächenlicht haben. Sie sind nur auf Glasschildern oder zum
Brillantmachen dunkler Gründe angebracht.
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Die dekorative Ausgestaltung der Schrift
Allgemeines
Die Außenarchitektur fordert eigentlich plastische Schriften. Auch auf größeren Schildern ergeben sie
eine bessere Wirkung. Wegen der hohen Kosten wird von dieser Ausführungsart oft abgesehen. Eine
aufgemalte Schrift sieht unter Umständen leer und hart aus. Man versucht deshalb, durch dekorative
Ausgestaltung ein vollkommeneres Bild zu erzielen. Dabei wird auch einem natürlichen, manchmal
allerdings auch primitiven Schmuckbedürfnis Rechnung getragen. Bei Schriften mit reicheren Formen
ist das Bedürfnis nach weiterer Ausgestaltung geringer. Sind sie von mäßiger Balkenstärke, im Ver¬
hältnis zum Grund nicht zu groß und im Ton gut ausgewogen, empfinden wir jede weitere Zutat nur
als störend. Eigentlich ist das der Idealfall, den wir stets erstreben sollten. Übergroße, fette Schriften
von einfachen, unvermittelten Formen erwecken den Wunsch, ihre rohe Erscheinung durch dekorative
Auflösung zu mildern.
Die Ausgestaltung der Schrift erfordert viel Takt. Man muß sich immer fragen, ob die geplante Zutat
das Schriftbild wirklich besser macht und seine Wirkung im erwünschten Sinne erhöht. Gerade in den
letzten Jahren wird in dieser Beziehung oft zuviel getan. Die Mühe, die man sich gibt, recht viel an
der Ausschmückung der Schrift zu tun, sollte besser auf die Zeichnung der Buchstaben, die Verhält¬
nisse und die Tongebung gerichtet sein.
Es ist selbstverständlich, daß alle Vortäuschung von Plastik oder anderem Material zu verwerfen ist.
Die anzuwendenden dekorativen Mittel können allerdings von der Plastik oder von Materialwirkun¬
gen angeregt sein. Nie darf jedoch der Eindruck von imitierter Plastik, sondern nur von belebter
Fläche entstehen.
Die Konturen
Die K°ntur hat die Aufgabe, die Wirkung der Schrift zu verstärken. Sie ist dort angebracht, wo der
Tonunterschied von Grund und Schrift zu gering ist. Weiß auf Orange ergibt z. B. einen sehr zarten
Eindruck. Will man diese Farben beibehalten, aber auf größere Entfernung wirksam machen, muß
man die Schrift konturieren, z. B. mit Braun. Umgekehrt könnte man etwa ein helles Blau auf weißem
Grunde durch eine dunkelblaue Kontur verstärken. In diesem Falle würde sich die Kontur also zur
Schrift schlagen, während sie im ersten Falle dem Grund nähersteht. Das ist bei der Festlegung der
Schriftstärke zu berücksich¬
tigen. Helle Konturen um eine
dunkle Schrift sind nur selten
zu empfehlen. Sie überstrah¬
len meist die Schrift in unan¬
genehmer Weise. Die Kontur
soll nicht zu breit sein und in
einem guten Verhältnis zur
Schenkelbreite stehen.
Es erhöht die Wirkung der
Kontur, wenn eine oder zwei
Seiten verbreitert werden.
Man spricht dann von einer
schattierten Kontur, obwohl
dièse Ausführung eigent¬
lich durch die plastischen
Bild 117. Die schräg angesetzte Schattenkante Buchstaben angeregt ist
Bild 116. Die seitliche Schattenkante
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