Übersetzungen
Schreibarbeiten
Es ist darauf zu achten, daß der
Abstand zum Schildrand bei ein¬
zeiliger Beschriftung stets größer
als der Wortzwischenraum ist.
Bei mehrzeiliger Beschriftung muß
er größer als der Zeilenabstand
sein. Es geht sonst die geschlossene
Wirkung verloren, das Schriftbild
wirkt zerstreut (Bild 97).
Bild 97. Gegenbeispiel. Verstreute Zeilenwirkung durch falsches Verhältnis von Zeilenabstand zum Abstand vom Schildrand
Die symmetrische Anordnung
Diese Gruppierungsweise geht von einer vorgefaßten formalen Idee aus. Um eine senkrechte Achse,
die mitten durch die Schriftfläche gedacht ist, wird der Text gruppiert, daher auch die Bezeichnung
„axiale Anordnung". Eine Gliederung ist nur möglich durch Verwendung großer und kleiner, fetter
und magerer Schrift. Mehrere Zeilen lassen sich in Gruppen zusammenfassen (Bild 98).
Die Symmetrie herrschte in den Monumentalschriften der römischen Antike, wenn auch in sehr freier
Weise. Vor allem aber wird die symmetrische Anordnung seit der Renaissance angewendet. Sie steht im
stilistischen Zusammenhang mit
dem Rahmenmotiv. Durch Rah¬
men betonte Schild- oder Archi¬
tekturflächen fordern geradezu
die axiale Anordnung. Ihrem
Geist entsprechen vorwiegend
die Antiqua und die Fraktur. In
unserer Zeit ist diese Anord¬
nungsweise etwas in den Hinter¬
grund getreten. In manchen
Fällen stellt sie jedoch die
natürliche Lösung dar. Auf
ein gutes Verhältnis der Zeilen¬
längen ist zu achten. Trotz
aller Bewegtheit im einzelnen
muß der Schriftkörper eine
geschlossene Wirkung zeigen.
Bild 98. Schematisches Beispiel für eine axiale Anordnung
Die asymmetrische Anordnung
Hier herrscht das Bestreben vor, den Text nach logischen Gesichtspunkten zu ordnen. Die Verteilung
der Schrift wird aus dem Text entwickelt. Der freibleibende Raum bleibt nicht nur Rand, sondern
spricht selbst mit. Typisch für die asymmetrische Anordnung sind die senkrecht untereinander stehen¬
den Zeilenanfänge zusammengehöriger Textteile. Man spricht hier auch von einer Stirnanordnung
(Bild 99).
Asymmetrische Anordnungen wendete man zu allen Zeiten an, sofern es der Text erforderte. Von
der frühchristlichen Zeit bis zur Gotik ist sie allgemein. Auch unserem Stilgefühl, das nach klarem
Ausdruck des Inhaltes durch die Form strebt, liegt diese Gestaltungsweise näher. Sie gibt uns die Mög¬
lichkeit, gerade bei komplizierten Texten größte Übersichtlichkeit zu erreichen. Kurze Texte erlauben
allerdings öfters nicht, das Gleichgewicht im Schriftsatz herzustellen. Die Asymmetrie gehört zum
Stil moderner Bauwerke. Ihrem Geist entsprechen am besten die Groteskformen, die Gotische Schrift
und die Unziale.
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Der Text ist so anzuordnen, daß er sich seiner
Wichtigkeit entsprechend präsentiert. Ordnung
und Gleichgewicht muß auch bei dieser An¬
ordnungsweise oberstes Bemühen sein. Zusam¬
mengehörige Textteile sind zu Gruppen zu¬
sammenzufassen. Man habe das Bestreben, die
Zeilen an möglichst wenigen durchgehenden
Senkrechten beginnen oder enden zu lassen. Das
darf jedoch nie gewaltsam geschehen oder in
formale Spielereien ausarten. Diese Stilart ist
vielfach mißverstanden worden. Die unglück¬
liche Sucht, „Neues und Modernes" zu geben,
statt Besseres, hat oft zu Ergebnissen geführt,
die weit unsachlicher und formalistischer waren
als eine symmetrische Anordnung. Dort ist die
Gefahr, zu „verunglücken", überhaupt weit
geringer.
Der Schriftblock
Es ist eine Unsitte, die Zeilen mit Gewalt in
einen Block zu pressen. Meist wird die Schrift Bild 99. Schematisches Beispiel
dabei einmal gedehnt, das andere Mal ZUSam- für eine asymmetrische Anordnung
mengedrückt. Besonders schlimm ist es, wenn auch
noch die einzelnen Buchstaben von unterschiedlicher Weite sind. Die alten Maler schrieben lieber die
letzten Buchstaben der Zeile kleiner oder setzten sie gar kleiner über die Zeile, als daß sie den Rhyth¬
mus der Buchstabenfolge änderten. Wir sind nicht mehr unbeschwert genug für einen solchen Ausweg
und müssen nach einer anderen Lösung suchen. Wenn sich der Text leicht in einen Block fügt, ist es gut.
Ein geringer Ausgleich der Wortabstände ist zulässig, zur Not einmal ganz geringfügige Abweichun¬
gen in den Buchstabenabständen. Die Buchstaben selbst müssen aber unverändert bleiben, vor allem
bei den geometrisch stark gebundenen Schriften. Bei freier gebildeten Schriften ergibt sich manchmal
die Möglichkeit von Variationen der Buchstabenformen. Würde sich also der Text nur gewaltsam in
einen Block einfügen, dann lasse man lieber die Zeilen frei auslaufen, versuche aber, durch geschickte
Anordnung ein ausgeglichenes Gesamtbild zu erreichen.
Grundsätzlich soll die Schrift auf der gesamten Fläche gleiche Proportionen der Budistaben und Ab¬
stände zeigen. Eine Ausnahme kann ein als Blickfang dienendes Wort oder eine Schlagzeile bilden,
die bewußt gegensätzlich geformt ist. Auch die begründete Sperrung einzelner Zeilen in deutlicher
Unterscheidung zum übrigen Text ist natürlich zulässig.
Die Kontraste
Klarheit und Übersichtlichkeit sind die ersten Forderungen für die Aufgliederung des Textes. Neben
der Stellung im Raum sind die Mittel hierzu Größenunterschiede und verschiedene Grade von fett
und mager. Geringe Unterschiede sind nur wenig wirksam. Es ist deshalb ein stark kontrastierendes
Schriftbild zu erstreben. Man beschränke sich auf möglichst wenige, aber deutliche unterschiedene
Größengrade. Es braucht nicht alles sofort und gleich schnell lesbar sein. Bei der Fülle von Schrift,
die auf uns eindringt, können wir doch nicht alles lesen. Wir treffen die Wahl nach kurzen Stich¬
worten, die deshalb besonders hervortreten sollen. Ziehen sie durch ihre markante Gestaltung unseren
Blick auf sich, dann lesen wir auch längere Ausführungen. Wir tun dies bei interessierendem Text auch
dann, wenn er verhältnismäßig klein geschrieben ist.
Eine Werbesache soll also einen Blickfang haben. Darunter wollen wir nicht jene vielgebrauchten
Riesenpunkte, auf die Spitze gestellten Quadrate, Ausrufezeichen und ähnliche Requisiten verstehen.
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