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Bild 92. Zu feine Haarstriche sind für die Fernwirkung ungünstig
Buchhandlung
Bild 93. Ungenügende Verbindungen der Buchstabenteile ergeben bei größerer Entfernung
1 ein verstreutes Schriftbild
SPORTBERICHTE
Bild 94. Übermäßiges Hochziehen und weitgehende Angleichung der Buchstaben
setzen die Lesbarkeit herab
Ebenso ungünstig wirkt sich eine ungenügende Verbindung der Buchstabenteile aus. An dem Beispiel
von Bild 93 ist dies zweifellos mit einer stilistischen Absicht geschehen. Auf größere Entfernungen
wirken solche Schriftbilder aber unsicher und undeutlich. Die Verbindungen müssen hier ebenso
wie die Haarstriche genügend breit sein.
Auch starke Abweichungen von einer normalen Buchstabenproportion setzen die Lesbarkeit herab.
Dies gilt sowohl für übermäßig hohe wie übermäßig breite Schriften. Die Buchstaben von Bild 94
sind zur Erzielung einer dekorativen und hypermodernen Wirkung stark in die Höhe gezogen. Die
Horizontalen sind weitgehend unterdrückt. Eine Verflachung des Buchstabenprofils ist die Folge.
Aber noch weitere für die Lesbarkeit ungünstige Formungen sind an dieser Schrift zu beobachten. Die
Rundungen sind auf ein Mindestmaß beschränkt. Auch die Schrägen scheiden bis auf das Z aus.
Damit werden wesentliche Unterscheidungsmerkmale ausgeschaltet. Um sich in die gleiche geschlossene
Grundform einordnen zu lassen, mußten die Buchstaben nach Möglichkeit ihr eigenes Gesicht auf¬
geben. Dieses allein würde auch ohne das Hochziehen der Schrift die Lesbarkeit stark beeinträchtigen.
Dazu kommt die Sperrung. Der technische Zweck der Schrift wird hier also einem formalen Prinzip
untergeordnet.
Die heutige Bevorzugung steiler Schriftformen ist überhaupt kein Ausdruck der so betonten Sach¬
lichkeit. Von dem Brechungsprinzip abgesehen, ähneln diese in vielem den gotischen Schriften. Die
Kapitalschrift der Römer war viel „sachlicher"; denn keine ihrer Formungen schränkt die Lesbarkeit
ein, diese wird im Gegenteil durch jede ihrer Eigenarten unterstützt.
Abschließend wollen wir nochmals alle die Lesbarkeit fördernden Maßnahmen zusammenfassen:
1. Klare Gliederung des Textes.
2. Verwendung des gemischten Alphabetes.
3. Eine die Unterschiede betonende Formung der Buchstaben.
4. Anpassung der Balkenbreite an die Entfernung.
5. Kräftige Haarstriche und deutliche Verbindung der Buchstaben teile.
6. Zweckmäßig gestaltete Füßchen und Brechungen.
Über den Einfluß der Farbgebung auf die Lesbarkeit soll im Kapitel „Die farbige Gestaltung" noch
gesprochen werden.
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Das Größenverhältnis von Schrift und Fläche
In seltenen Fällen kann der Maler das Format seiner Schriftfläche selbst bestimmen. Er hat dann
größere Freiheit und kann die Schrift, zusammen mit der Flächenbegrenzung, seiner Vorstellung ent¬
sprechend gestalten. Meist liegen jedoch die Maße fest. Der Text ist in die gegebene Fläche einzuordnen.
Schon die einzeilige Anordnung macht verschiedene Überlegungen hotwendig. Es gilt zunächst, das
richtige Größenverhältnis zur Fläche zu finden. Dazu sind folgende Fragen zu stellen:
1. Wird von der Schrift eine
starke oder eine zurückhal¬
tende Wirkung erwartet? Dies
richtet sich nach Inhalt und
Zweck des Textes.
2. Welche Entfernung ist zu über¬
brücken? Für die Fernwirkung
ist allerdings nicht allein die
Größe der Schrift, sondern
auch ihre innere Proportion
von Bedeutung.
3. Hebt sich die Schriftfläche
durch Farbe, Ton oder auch
durch Entfernung (freistehende
Tafeln) stark von ihrer Um¬
gebung ab oder befinden sich
in ihrer Nachbarschaft Stark Bild 95. Eine stark sprechende Umgebung des Schildes
sprechende Formen (andere erfordert eine größere Randfläche
Schilder, Naturformen, Aus¬
stellungsstücke usw.)? In allen
diesen Fällen muß die Schrift
verhältnismäßig kleiner gehal¬
ten werden. Die Wirkung der
Flächenbegrenzung oder der
Umgebung nimmt nach der
Mitte zu ab. Erst in einer mehr
oder weniger großen Entfer¬
nung vom Rande wird die
Fläche zum ruhigen Hinter¬
grund, auf dem die Schrift ihre
Wirkung entfalten kann
(ВІЫ95). Hebt sich die Schrift¬
fläche nur wenig von ihrer Um¬
gebung ab, SO daß entscheidend Biid <,<;. Geringer Kontrast zwischen Schildgrund und Umgebung
nur die Schriftform spricht, verträgt verhältnismäßig größere Schrift
können die Buchstaben verhält¬
nismäßig größer gehalten werden. Ihre Wirkung wird dann von Nachbarformen gestört (Bild 96).
Schrift und Fläche müssen in jedem Falle im Gleichgewicht sein. Ist die Schrift zu groß und stark, dann
erschlägt sie die Fläche, wie der alte Malerausdruck lautet. Sie tötet also das ab, was erst ihr eigenes
Leben ermöglicht. Ist die Schrift zu klein oder zu zart, dann wird sie vom Grund überstrahlt oder
„verschluckt".
Im übrigen lasse man sich von dem Grundsatz leiten: die Schrift soll so kräftig wirken, wie es für ihre
Aufgabe nötig ist, nicht so stark, wie es möglich ist.
Eine Werbung, die über ihre Notwendigkeit hinaus groß und auffällig gestaltet ist und in keinem
gesunden Maßstab zu ihrer Umgebung steht, wirkt roh und aufdringlich. Sie ist kulturlos wie viele
unserer Großreklamen.
Pestalozzi-
Bücherei
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