Für Verkehrsschilder, die ja auch zu den Leitschildern gehören, bestehen besondere Vorschriften. Ihrer
meist sehr unschönen Tragekonstruktion sollte mehr Aufmerksamkeit zugewendet werden.
Von der Schrift im Dienst der politischen Propaganda wird eine zündende, suggestive Wirkung er¬
wartet. Die Arbeitsweise muß frisch und großzügig sein. Diese großen, interessanten Aufgaben werden
noch zu sehr im Geiste der Reklame verstanden. Es sind hier viel Laien und Halblaien am Werke, die
dringend der Ergänzung und Anleitung durch Fachkräfte bedürfen. Es gilt Formen anzuwenden,' die
der Bedeutung der propagierten Sache entsprechen.
Für Ausstellungen, Schaufensterdekorationen usw. werden Erläuterungstexte gebraucht. Sie sollen
dienenden Charakter haben. Die Schrift muß gleichmäßigen, ruhigen Fluß zeigen. Nur sparsam sind
wichtige Begriffe hervorzuheben. In ihrem Stil müssen sie den Ausstellungsstücken angepaßt sein.
Vielfältig ist die Verwendung der Schrift als Raumschmuck. Sie kann sich in Friesen eng an die Archi¬
tektur anschließen oder als selbständiges Motiv frei in der Fläche stehen. Hier können die dekorativen
und stimmungsbildenden Formelemente stärker hervortreten. Der Geist des Textes soll schon durch
die Schriftformen sichtbar gemacht werden. Die Gestaltung muß im engen Zusammenhang mit der
Innenarchitektur stehen.
Die Textgestaltung
Bei der Textwahl wird oft der Schriftenmaler zu Rate gezogen. Auf Grund seiner Erfahrungen kann
er in vielen Fällen mit wertvollen Hinweisen und Vorschlägen helfen. Nicht nur der weniger ge¬
wandte Auftraggeber, sondern gerade zielbewußte Persönlichkeiten sind für gute Anregungen sehr
zugänglich. Nichts ist falscher als die oft gehörte Auffassung: „Wie mir der Text aufgegeben wird,
so führe ich ihn aus. Der Auftraggeber muß selbst wissen, was richtig und falsch ist!" Gute Beratung
auch in Textfragen hilft mit, den Kunden für die Dauer zu gewinnen. Dem Maler ist darum anzu¬
raten, sich eingehend mit der deutschen Sprache zu befassen.
Das Rüstzeug zu einer sachgemäßen Beratung kann natürlich nur in langer Praxis erworben werden.
Hier sind nur einige kurze Hinweise möglich. Die Forderung, daß der Text möglichst kurz sein
soll, wird mit Recht immer wieder erhoben. Bei aller Kürze soll er aber viel aussagen. Eine treffende
Wortwendung kann Sätze überflüssig machen, Der Text soll stets im Hinblick auf das gegebene For¬
mat festgelegt werden. Es ist vorteilhaft, vom Auftraggeber den gewünschten Text gleich in einen
maßstäblich richtigen Raum einschreiben zu lassen. Dabei wird ihm anschaulich, was auf einer Zeüe
unterzubringen ist.
Vielfach hat der Auftraggeber die Neigung, zu viele Textteile hervorheben zu wollen. Er ist zu be¬
lehren, daß er sich hier beschränken muß. Die weniger wichtigen Textteile müssen zurücktreten. Ist
der Haupttext einprägsam, werden auch die kleineren Zeilen von Interessierten gelesen.
Jeder Begriff soll nur einmal erscheinen, es sei denn, seine Wiederholung wird durch verschiedene
Blickwinkel verlangt. So kann z.B. die Firmenbezeichnung über dem Ladenraum für die Passanten
der anderen Straßenseite oder eines Platzes bestimmt sein, ihre kleinere Wiederholung in Augenhöhe
an den Pfeilern aber für die unmittelbar Vorübergehenden. In keinem Falle sollten Textwieder¬
holungen nur aus Gründen der Symmetrie erfolgen. In den meisten Fällen lassen sich unterschiedliche
Texte finden. Die Anordnung kann ja auch asymmetrisch sein, sofern es die Architektur erlaubt. Es
gibt natürlich auch begründete Ausnahmefälle. So kann die mehrmalige Wiederholung eines Namens
oder eines Markenwortes auf den Pfeilern einer langen Ladenfront oder in einer Fensterreihe u. U.
vertretbar sein. Auf die Vorübergehenden kann sie suggestiv wirken. Es kommt hier auf die geschickte
Anwendung an.
Besonders primitiv wirkt es, wenn die Fernsprechnummer aus Gründen der Symmetrie beiderseits des
Haupttextes angebracht wird. Es ist überhaupt zu prüfen, ob die Rufnummer erforderlich ist. Zweck¬
voll ist sie unmittelbar an der Eingangstür neben den Angaben über Geschäftszeit. Wenn der Besucher
eine verschlossene Tür findet, wird er vielleicht Interesse an der Nummer haben.
Pfeilerschilder an Läden sollen nicht mit Text überladen sein. Es ist nicht erforderlich aufzuführen,
daß eine Molkerei Milch, Sahne, Quark, Käse, Eier, Butter usw. verkauft. Nur Besonderheiten inter¬
essieren. Für solche Beschriftungen genügt ein Streifen, der gerade über den Köpfen der Vorübergehen¬
den hegt. Im übrigen betrachte man das Pfeilerschild als eine saubere Wandverkleidung.
Lieferwagen müssen eine besonders kurze und einprägsame Beschriftung zeigen. Die genaue Anschrift
oder andere Hinweise können klein an der Wagentür oder in dekorativer Unterordnung erscheinen.
Ein Lesen im Vorüberfahren ist damit zwar von vornherein ausgeschlossen. Wer aber solch einen wirkungs¬
vollen Wagen öfters durch die Straßen flitzen sah, wird sich vielleicht für Einzelheiten interessieren,
wenn er den Wagen beim Parken antrifft. Solche „fliegende Reklame" hat schon oft Erfolg gehabt.
Die Rechtschreibung auf Schildern
Auf vielen Schildern sind noch Schreibfehler zu finden. Der Schriftenmaler muß sich daher eingehend
mit der Rechtschreibung befassen. Eine Ausgabe des „Duden" sollte in jeder Werkstatt zu finden sein.
Dieses Werk enthält neben einem Wörterverzeichnis alle Regeln über Groß- und Kleinschreibung, das
Zusammenschreiben und die Zeichensetzung. Die „Einzelvorschriften für den Schriftsatz", in erster
Linie für den Drucker bestimmt, sind auch für den Schildermaler von Bedeutung. Wir können im
Rahmen dieses Buches nur auf einige wichtige Einzelfragen hinweisen. Eine weitere ausfuhrliche
Unterrichtung muß im „Duden" gesucht werden.
Das lange f und das runde i (Schluß-s) muß in den sog. deutschen Schriften unbedingt unterschieden
werden Die lateinischen Alphabete hatten zwar ursprünglich auch ein langes f, doch hat sich der
durchgehende Gebrauch des runden s eingebürgert. Die lange Form wird man nur noch in Sonder¬
fällen anwenden. Häufiger findet das lange f noch in der Kursivschrift Verwendung, meist aus deko¬
rativen Gründen, doch setzt sich auch hier der allgemeine Gebrauch des runden s immer mehr durch.
Bei den Blockschriften wird heute fast ausschließlich das runde s angewendet. In allen Schriftarten
wird das lange f beim ß beibehalten. Dieses darf keinesfalls durch ss ersetzt werden, außer bei der
Schreibung in Versalien. . . - ,
Satzzeichen sind nur dort anzuwenden, wo sie unbedingt notwendig sind, also im fortlautenden
Text Namen und alle anderen Bezeichnungen werden nicht durch Punkte abgeschlossen, wenn sie
für sich allein stehen. Auch deutlich abgesetzte Überschriften bedürfen keines -Satzzeichens. Innerhalb
einer Zeile müssen jedoch alle Satzzeichen nach den gültigen Regeln gesetzt werden. Beispiel: „Setzerei,
Druckerei und Binderei", doch setzt man auf Schildern der geschlossenen Wirkung wegen lieber
„Setzerei • Druckerei • Binderei". Die Abkürzungen von Organisations- und Parteinamen werden
neuerdings ohne Schlußpunkt geschrieben. Auch die Abkürzung G. m. b. H. wird nur GmbH., auch
G-m-b-H geschrieben. Solche Freiheiten kann man sich leisten, wenn sie aus formalen Gründen
angebracht sind. ., ™. ,.
Besondere Aufmerksamkeit ist der richtigen Schreibweise der Straßennamen zu widmen Wer die
Regeln hierfür nicht restlos beherrscht, sollte den Stadtplan zu Rate ziehen. Selbst auf die Unter¬
lagen des Bestellers ist erfahrungsgemäß kein Verlaß. ,..,,.. <■
Abkürzungen dürfen nur für Wörter gebraucht werden, für die eine feststehende Abkurzungsform
besteht. Das „und" soll in fortlaufenden Texten nicht abgekürzt werden Das &-Zeichen darf nur
in Firmennamen verwendet werden, z.B. „Pech & Kunte«. Niemals darf „Glaserei & Tischlerei
geschrieben werden. ■ ...,.„ j • 7„'U1,»„
Zahlen mit mehr als drei Stellen werden von den Einern nach links in Gruppen von drei Zahlen
unterteilt, also 1300, 10427, юоооо, 1 710645. Fernsprechnummern werdengleichfalls von rechts
nach links, jedoch in Gruppen von zwei Zahlen zerlegt, z. B. 1 33 54, 54 23 28. Die richtige Form iur
Preise ist:DPf; 5,- DM; 10,50 DM, nicht -.50 DM; DM 5.-; 10 DM 50 DPf.
Worttrennungen sind möglichst zu vermeiden. Auf Schildern wird man zusammengesetzte Haupt¬
wörter nicht bei den Silben, sondern bei den Einzelworten trennen. Zum mindesten muß sinngemäß
getrennt werden.
Richtig: Nord- nicht: Nordbahn¬
bahnhof hof
Der Bindestrich ist im Frakturalphabet doppelt (.), bei den Antiquaschriften einfach (-) zu zeichnen.
Wenn das Wort aus Platzmangel abgeteilt ist, muß auf der folgenden Zeile mit einem kleinen Buch-
staben begonnen werden.
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