wirken. Für die Großbuchstaben ist wieder die Maßeinheit der Kleinbuchstaben maßgebend. Wie
auf Tafel 16 wurden sie nachträglich verstärkt.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß die Versalien niedriger als die Oberlängen sind. Bei Schriften mit
verhältnismäßig großen Oberlängen sollte das stets so gehalten werden, da sonst die Versalien im
gemischten Text zu groß wirken.
Klassizistische Antiqua
(Tafel iS)
Am Ende des 18. Jahrhunderts wandelte sich die Mediäval zur „Neueren Antiqua". Die Buchstaben
sind schlichter und kühler. Ihre Bauteile sind ohne Vermittlung zusammengesetzt.
Die aus Druckschriften bekannte Antiqua mit ihren schwachen Haarstrichen ist nur für Nahsicht an¬
wendbar. Als Schilderschrift mußten wir sie mit dickeren Haarstrichen gestalten. So erscheint sie
auch auf den Grabtafeln und an den Bauwerken ihrer Entstehungszeit.
Manufaktur
Bild 75. Klassizistische Antiqua
Auf unserer Tafel haben wir den Versalien eine Balkenbreite von V7 der Höhe gegeben, den Haar¬
strichen V4 der Balkenbreite. Zu beachten ist die Gestaltung der O-Buchstaben. Das innere Oval
sucht Anlehnung an die Senkrechte. Auch der äußere Kreis ist seitlich etwas eingehalten. Der Druck
setzt also im Gegensatz zur Mediäval senkrecht an und unvermittelter als bei der Kapitalschrift.
Die Höhe der Gemeinen beträgt 2/з der Versalien. Das n ist in
Bild 76. тр^^ Fünftelteilung errichtet wie bei der Blockschrift der Tafel 13. Die
Häßlich6131"6 I Punktausläufe an einigen Buchstaben sind mit sachlicher Zurück¬
geringelter haltung zu formen und.nicht etwa zu ringeln wie auf unserem
r-Bogen Ж* Gegenbeispiel.
Egyptienne
(Tafel 19)
Die Egyptienne ist eine Schöpfung des jungen technischen Zeitalters. Sie bildet den größten Gegen¬
satz zur klassizistischen Antiqua mit ihren dünnen Haarstrichen (siehe Bild 14). Alle Buchstabenteile
erscheinen von gleicher Breite. Es entsteht dadurch eine Schrift, die trotz ihrer gewollten Sachlichkeit
von eigentümlichem, fast phantastischem Reiz ist.
Es wäre ein großer Fehler, wenn man diese Schrift schematisch zeichnen wollte. Es entständen sehr
plumpe, häßliche Buchstaben. Hier ist vielmehr ein sehr sorgfältiger optischer Ausgleich notwendig.
Nicht nur die senkrechten und die waagerechten Buchstabenteile müssen unterschieden werden, son¬
dern auch die tragenden von den nur ausgestaltenden. Auf unserer Tafel sind alle Waagerechten um
Ve schmaler als die Senkrechten gehalten. Eine Mittelstellung nehmen die senkrechten Abschlußstriche
am C, E, F, usw. ein. Die O-Buchstaben erhalten außen einen zirkelgerechten Kreis, während der
Innenkreis ausgeglichen ist.
Eisenbeton
40
Bild 77. Egyptienne
Auch diese Schrift ist in der für Schilder so günstigen 7tel-Teilung für die Versalien und 5tel-Teilung
für die Gemeinen gebildet. Natürlich lassen sich auch magere oder fette Formen zeichnen. Je fetter
die Schrift, um so entschiedener muß gerade hier der optische Ausgleich vorgenommen werden.
Auch die Steilschrift der Tafel 14 läßt sich als Egyptienne ausbilden. Die „Klötze", wie man hier
statt „Füßchen" sagt, sind dann nicht zu breit zu halten, damit die Formen nicht zusammenfließen.
Eine solche Schrift ist von geringer Lesbarkeit, kann aber für besondere Zwecke angebracht sein.
Steile Antiqua
(Tafel 20)
Durch weitere Ausbildung der Steilschrift auf Tafel 16 gelangen wir zu einer steilen Antiqua, die
Ähnlichkeit mit der klassizistischen zeigt. Nur die senkrechten Abschlußstriche von C, E, F usw. sind
der Egyptienne entnommen. Es läßt sich auf diese Weise auch eine runde Antiqua bilden. Auch die
leicht vorgeschobenen Unterteile von B, R und К sind von der Neueren Antiqua angeregt. Sie wirken
einer optischen Täuschung entgegen und geben dieser Schrift etwas Leben.
Bernsteinlack
Bild 78. Steile Antiqua
Es erhöht die Schönheit der steilen Antiqua, wenn die ursprünglich runden, aber bei den
Steilschriften abgeplatteten Buchstabenteile beim C, B, D usw. nicht eine starre Senkrechte
bilden, sondern diese mit fast unmerklicher Schwingung nach außen geschrieben wird. Die
oberen und unteren Rundungen sollen ganz allmählich in die senkrechte Richtung über¬
gehen, dürfen also keine Ecken bilden.
Die Einteilung wird in gleicher Weise bei allen Steilschriften vorgenommen.
Bild 79. Schlechtes Beispiel. Ein eckiger Übergang der Rundungen in die Geraden
und das Einziehen der Senkrechten führen hier zu einem unschönen Buchstabenbild
Textur
(Tafel 21)
Die Textur wird meist unzutreffend als „Gotische Schrift" bezeichnet (siehe „Die Geschichte unserer
Schrift"). Sie gehört zu den Steilschriften, wird also wie diese eingeteilt. Für die von der Norm ab¬
weichenden Kleinbuchstaben sind auf der Tafel die Teile angegeben, die dafür einzusetzen sind.
Als Buchstabenabstand ist dann durchgehend 1 Teil zu rechnen. Der normale Großbuchstabe ist um
Vs breiter zu halten. Die Kleinbuchstaben haben eine Höhe von j Teilen. Für die Oberlängen werden
2 Teile gerechnet. Man kann die Textur in geeigneten Fällen auch höher gestalten und damit beson¬
dere Wirkungen erzielen.
Die schlichten Großbuchstaben sind erst in unserer Zeit in Anlehnung an die Kleinbuchstaben ge¬
schaffen worden. Ursprünglich wurden rund geformte Versalien verwendet, die mehr oder weniger
umgebildete Kapital- oder
Unzialbuchstaben waren.
Das Zeichnen der Kleinbuch¬
staben veranschaulicht das
nebenstehende Bild 80. Den
Abstand der Hilfslinien b
von den Zeilenlinien a findet
man, indem man an einer 45 o-
Linie die Balkenbreite absetzt. Bild 80. Die Konstruktion der kleinen Texturbuchstaben
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