Das eben besprochene Einteilverfahren eignet sich am besten für kurze Schriftsätze und für Schriften
von einfacher Proportion. In anderen Fällen geht man vorteilhaft vom Durchschnittsmaß der Buch¬
staben aus. Man kann bei sehr langen Zeilen die Schriftlänge einfach durch die Zahl der Buch¬
staben teilen. Meist ergeben sich aber dann zu große Differenzen, da sich die ungleiche Breite der
Buchstaben nicht genügend ausgleicht. Besser ist es, zunächst eine grobe Aufteilung vorzunehmen. Für
den Normalbuchstaben werden 4 Teile (einschließlich Buchstabenabstand), für i, j und 1 2 Teile, für
das r 3 Teile und für m und w 6 Teile gerechnet. Die Schriftlänge wird wieder durch die Zahl der
Teile dividiert. Wenn wir uns auf dem Einteilstreifen 4 dieser errechneten Teile aufzeichnen, dann er¬
halten wir Buchstabenschenkel, Schenkelabstand und Buchstabenabstand in gleicher Breite (Bild 64,
gestrichelte Linien). , ,
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Bild 64. Einteilstreifen für Steilschriften
Mitte
Durchschnittsmaß
Bild 63. Einteilstreifen
für Schriften mit überbreitem о
Bild 65. Einteilstreifen
nach der Durchschnittsrechnung
Damit haben wir eine Einteilung, die mit kleinen Ergänzungen für Steilschriften brauchbar sein kann,
z. B. für die Textur. Wir haben gesehen, daß der Schenkelabstand stets etwas größer sein muß als
der Buchstabenabstand. Wir müßten also den zweiten Balken etwas nach rechts rücken, für Steil-
schriften aber nur ganz wenig. Links und rechts vom Buchstabenabstand wären noch zwei Teilungen
anzubringen. Beim Zusammentreffen zweier Buchstaben ohne Brechungen, z. B. b und o, gibt a h
den Abstand, eine Brechung, z. B. bei der Zusammenstellung von о und n, erfordert den Abstand
а с. Die Strecke a d gibt den Abstand zwischen Buchstaben mit zwei Brechungen, wie z. B. u und n.
Bei der steilen Antiqua würden die Füßchen denselben Ausgleich erfordern wie die Brechungen bei
der Textur. Die steile Blockschrift benötigt denselben Ausgleich wegen der Abrundungen von e, о
usw. gegenüber den durchgehenden Senkrechten von i, 1 usw. Nur ist hier die Differenz noch geringer
zu halten (siehe Bilder 49, 50 und 51).
Für die meisten Schriften sind jedoch die fast gleichen Teile nicht brauchbar. Die Balken können ja
auch breiter oder schmaler gewünscht werden. In diesen Fällen setzen wir auf dem Einteilstreifen
nur die Breite der 4 Teile und deren Mitte ab (Bild 65). Darauf markiert man links die erste Balken¬
breite in der gewünschten Breite. Würden wir nun den zweiten Balken in der Mitte ansetzen, so be¬
kämen wir gleiche Maße von Schenkel- und Buchstabenabstand. Um das zu vermeiden, rückt man den
zweiten Balken etwas nach rechts. Um wieviel er versetzt wird, hängt von der Schriftart ab. Darauf
wird die o-Breite eingezeichnet und damit der Buchstabenabstand aufgeteilt. Die gewünschte o-Propor-
tion ergibt wieder die Zeilenhöhe. Nach Möglichkeit setze man auch hier alle Maße in ein bestimmtes
Verhältnis zur Balkenbreite. Das erleichtert eine für andere Zeilen notwendige Vergrößerung oder
Verkleinerung. Dieses Einteilungssystem gestattet die größte Freiheit in der Festlegung der Verhält¬
nisse.
Mit Hilfe des Streifens nimmt man nun eine provisorische Einteilung vor. Man markiert zunächst
nur die Buchstabenbreiten und -abstände. Bei der direkten Aufzeichnung nimmt man möglichst einen
Kartonstreifen von genügender Länge. Darauf kann die Einteilung abgetragen und auf ihre richtige
Länge geprüft werden, ohne den Grund zu beschädigen. Die Schrift läßt sich dann leicht in die
Schildmitte rücken. Ist dies wegen der Größe des Schriftfeldes nicht möglich, so probiere man mit
kaum sichtbaren Punkten.
Die Buchstaben gleichen sich nun meist nicht restlos aus, so daß eine Differenz zu der beabsichtigten
Schriftlänge bleibt. Ist sie geringfügig, dann sehe man, ob sie auf den Schildrand oder die Wort-
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Zwischenräume verteilt werden kann. Ist sie zu groß, dann muß das Durchschnittsmaß der Buch¬
staben entsprechend geändert werden. Es wird ein neuer Einteilstreifen hergestellt und wieder probiert,
ehe alle Einzelheiten, wie Balkenbreiten, Kreismittelpunkte usw., abgesetzt werden. Der Einteilstreifen
kann bei Bedarf auch noch weitere Einzeichnungen für Füßchen, Konturen, Schatten, Prismaeinteilung
usw. erhalten.
Als letztes soll auf die Möglichkeit einer Einteilung auf Millimeterpapier hingewiesen werden. In
das vorhandene Liniennetz wird die Schrift einfach in den gewünschten Verhältnissen eingezeichnet.
Man kann sofort die Verteilung übersehen, besonders wenn man die Buchstaben leicht anschraffiert.
Die zur Verfügung stehende Schriftlänge wird dann durch die Zahl der Teile dividiert, die sich auf
dem Millimeterpapier leicht ablesen lassen. Dann fertigt man den Einteilstreifen in der Originalgröße
an. Das Verfahren ist vorteilhaft für Schriften, die sich rechnerisch schwer einteilen lassen.
Der Anfänger steht bei der Einteilung natürlich vor manchen Schwierigkeiten. Mit zunehmender
Übung und Erfahrung schwinden diese jedoch mehr und mehr. Man mache es sich zur Gewohnheit,
jede Arbeit nach ihrer Fertigstellung kritisch zu überprüfen und die gewonnenen Erkenntnisse bei der
nächsten Aufgabe zu verwerten.
Blockschrift
(Tafel 12)
Diese runde Blockschrift ist auf den klassischen Grundformen der Schrift aufgebaut. Der Kreis be¬
stimmt den Ablauf. Sie will äußerst sorgfältig konstruiert sein. Die Ausführungen des Abschnittes
„Der optische Ausgleich" sind für diese Schrift besonders zu beachten. Die Balkenbreite der Gro߬
buchstaben beträgt Vv der Höhe. Die Buchstabenbreite ist auf der Tafel in Balkenbreiten angegeben.
Die Breite des A ist also 6/?, die des B4/7 der Höhe usw. Die waagerechten Balken sind etwa Vio schmaler
als die senkrechten. Der Buchstabenabstand kann 2 bis 2V2 Balkenbreiten zwischen zwei Geraden be¬
tragen (auf unserer Tafel 2V2). Die Rundungen überschneiden diese Abstandslinien um V2 Teil.
Durch den optischen Ausgleich an den Balkenbreiten ergeben sich bei den Kreisbogen mehrere Ein¬
satzpunkte für den Zirkel, wie beim B, D und О gezeigt ist, wegen des kleinen Formates etwas
übertrieben. Durch die geringe Höherstellung der Mittelbalken ergibt sich das Vorspringen des
■ unteren Bogens beim В und der größere Unterteil beim S von selbst. Für das С sind zwei Formen
gegeben. Die senkrecht abgeschnittene Form eignet sich besonders für die Zusammenstellung des CH
und CK, doch soll in einem Schriftsatz nur eine Form verwendet werden. Der Mittelbalken des F ist
in der Zeilenmitte belassen. Stehen E und F nebeneinander, so hält man beide Balken allerdings gern in
einer Höhe. Beim G sind gleichfalls zwei Formen möglich. Das zweite Muster muß rechts unten von
der Kreisform abweichen, der obere Teil des Kreisbogens schneidet etwas tiefer als sonst ab. Ein nicht
in dieser Weise ausgeglichenes G wirkt unorganisch. Die unteren Schrägbalken von К und R springen
zur Wahrung des Gleichgewichts etwas vor. Die äußeren M-Balken stehen um V2 Teil schräg. Das
N ist etwas breiter als das verhältnismäßig schmale H gehalten, da sein Schrägbalken mehr Raum
fordert. Die Bogen von P und R stimmen in der Größe mit dem unteren B-Bogen überein. Das S
ist aus zwei Kreisen zu entwickeln und dann optisch in der Richtung des Wechselzugs leicht auszu¬
gleichen. Das X darf unten nur ganz wenig breiter sein als oben, da der obere Winkel sonst zu klein
wird.
HAMBURG
Bild 66. Blockschrift
Von den Zahlen sind die 3 und die 8 nach demselben Prinzip wie das S zu bilden. Die Kreise der 5,
6 und 9 müssen noch etwas größer sein.
Die Kleinbuchstaben sind in jtel-Teilung gezeichnet, d. h., eine Balkenbreite beträgt 1U der n-Höhe. '
Der Schenkelabstand des grundlegenden n beträgt zwei Balkenbreiten. Dementsprechend muß für
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