Man gewöhne sich von Anfang an daran, jede Arbeit, und sei es auch nur ein Übungsblatt, technisch
einwandfrei zu behandeln und in die bestmögliche Form zu bringen. Diese Selbsterziehung führt zu
einer schnellen und sicheren Bewältigung auch schwieriger Arbeiten. Deshalb wollen wir hier alle
vorbereitenden Arbeiten ausführlich besprechen. Die dabei gewonnenen Kenntnisse sind auch für
spätere praktische Arbeiten eine gute Grundlage. Wer hier die nötige Arbeitserfahrung schon besitzt,
überspringe die folgenden Absätze.
Das Übungsblatt soll eine handliche Größe haben. Das Format DIN A4 (210X297 mm) ist sehr gut
geeignet. Am besten wird das Blatt winkelgerecht auf ein Reißbrett gezweckt und dann mit Rei߬
schiene und Winkel gearbeitet. Um das Durchstechen des Bogens zu vermeiden, kann man die Rei߬
zwecken hart neben dem Blattrand einstechen und nur mit dem Kopf das Blatt fest andrücken. Die
Haltbarkeit ist ausreichend.
Zunächst legen wir auf unserem Ubungsblatt die Randbreite fest. In diesem Falle ist ein seitlicher
Abstand von 2,5 cm genügend, denn wir wollen für unsere Übungen nicht zuviel Platz verlieren.
Die beiden senkrechten Begrenzungslinien werden mit Reißschiene und Winkel gezogen, und zwar
unbekümmert über die vermutliche obere und untere Begrenzung der Schreibfläche hinaus. Der obere
Rand muß etwas schmaler gehalten werden, da er sonst optisch breiter wirken würde. Wir halten ihn
2,3 cm breit. Zum Üben der Blockschrift-Versalien brauchen wir Zeilen von 2 cm Höhe. Auf dem
hochgestellten Bogen können wir 8 Zeilen unterbringen. Für den Zeilenabstand sind 12 mm ange¬
messen. Es verbleiben dann 3 cm für den unteren Rand, der stets am breitesten sein muß. Für den
Anfang sehen wir noch eine Hilfslinie in der Mitte der Zeile vor.
Zum Absetzen verwendet man zweckmäßigerweise den Stechzirkel. Zuerst setzen wir das Gesamt¬
maß von Buchstabenhöhe und Zeilenabstand, also 3,2 cm, mit einem leichten, gerade noch deutlich
sichtbaren Einstich nach unten ab. Darauf von jedem Punkt zweimal 1 cm gleichfalls nach unten.
Das Absetzen ist auch mit einem Lineal, das deutliche Maßeinteilung hat und nach der Schreibfläche
zu abgeschrägt ist, möglich. Es muß dabei genau parallel zum Bogenrand liegen. Am besten setzt man
an der linken senkrechten Begrenzungslinie kurze waagerechte Striche an. Diese Markierung muß
haargenau und deutlich sein. Keinesfalls darf sie aber gleichsam „eingegraben" werden, wie man
öfter sehen kann. Sie ist dann nie wieder zu entfernen. Bei Benutzung eines Blattes, das später noch
beschnitten wird, setzt man die Markierung am besten auf den Rand. Sollen, wie bei unseren Übun¬
gen, mehrere Blätter liniert werden, so kann die Markierung auch neben dem Blatt auf einem unter¬
gelegten Bogen angebracht werden. Es wird dann eine senkrechte und eine waagerechte Ansatzlinie
für die zu linierenden Blätter gezogen. Auf diese Weise erspart man das jedesmalige Einteilen.
Wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, am Reißbrett zu arbeiten, muß die Markierung
zweimal, möglichst weit voneinander entfernt, abgetragen werden. Es ist aber unbedingt erforder¬
lich, sich vorher zu vergewissern, ob die Bogenkanten gerade und rechtwinklig sind. Im anderen Falle
muß erst eine einwandfreie Senkrechte und Waagerechte gezogen werden.
Am Reißbrett werden die Zeilenlinien zwischen den seitlichen Begrenzungen mit der Reißschiene
gezogen. Die linke Hand faßt mit breit ausgespannten Fingern an die Außenkante des kurzen Schen¬
kels, der Daumen liegt auf der Schiene. So drückt man sie leicht an die Reißbrettkante und verschiebt
sie nach oben und unten. Zur Arbeit benutze man einen gutgespitzten Stift. Der Härtegrad richtet
sich nach dem Papier. Glattes Papier erfordert ein weicheres, rauheres ein entsprechend härteres Blei.
Zu weiches Blei muß zu oft angespitzt werden, bei Verwendung von zu hartem Blei läßt sich der
Strich im Bedarfsfalle nur schwer wieder entfernen. Die Striche sind zart, aber klar und deutlich
zu ziehen und müssen haargenau durch die Markierung laufen. Man lasse hier keine Ungenauig-
keiten durchgehen.
Für den Anfang erleichtern senkrechte oder bei kursiven Schriften schräge Richtungslinien die Ein¬
haltung einer gleichen Buchstabenrichtung. Wir ziehen sie in unserem Falle in einem Abstand von 2 cm.
Sie werden mit dem Winkel gezogen, der an der Reißschiene entlanggeführt wird. Die linke Hand
hält ihn gleichzeitig mit der gut festliegenden Reißschiene. Auch schräge Richtungslinien werden durch
Winkelverschiebung an der entsprechend schräggestellten Reißschiene gezogen.
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Schreibgerät und Schreibflüssigkeit
Zum Üben der folgenden Schriften benötigen wir Gleichzug- und Wechselzugfedern. Die bekannteste
Gleichzugfeder ist die Redisfeder (Bilder 17 u. 18). Sie ist in den Breiten von 1k bis 5 mm zu haben.
Die Spitze ist zu einer kleinen, kreisrunden Platte ausgebildet, die einen gleich dicken Strich mit abge¬
rundeten Endungen ergibt. Beim Schreiben muß diese Platte mit ihrer ganzen Fläche aufliegen.
Bild 17
Bild 18
Bild 19
Bild 20
Redisfeder,
Redisfeder, von oben
Atofeder,
Atofeder, von oben
von oben gesehen
und von der Seite gesehen
von oben gesehen
und von der Seite gesehen
Von den Wechselzugfedern ist die Atofeder besonders bekannt (Bilder 19 u. 20). Es ist eine leicht nach
rechts abgeschrägte Breitfeder. Der vorderste Teil der Schreibfläche ist etwas nach oben gebogen. Da¬
durch entstehen verhältnismäßig dicke Haarstriche. Wünscht man feine Haarstriche, so muß man die
To-Feder benutzen, die ohne Aufwärtsbiegung endet. Die Breitfeder bleibt beim Schreiben von Wechsel-
zugschriften in der Lage unverändert. Ihre Stellung ist richtig, wenn der Haarstrich so dünn ist,
wie ihn die Feder eben hergibt. Bei einigen Schriftarten sind allerdings kleine Drehungen oder ein
Kanten der Feder notwendig. Davon wird später zu sprechen sein.
Beide Federsorten haben eine Überfeder, die einen kleinen Vorrat Schreibflüssigkeit festhält und
nach und nach abgibt. Sie erspart ein öfteres Eintauchen und ermöglicht einen gleichmäßigeren Tinten¬
fluß.
Außer den genannten Federsorten gibt es natürlich noch viele andere brauchbare Schreibwerkzeuge
guter Spezialfabriken, sowohl Federn als auch Schreibspatel für sehr breite Schriften. Auch mit Quell¬
stiften aus Holz und Kork schreibt es sich vorzüglich (Bild 21). Alle diese Werkzeuge brauchen hier
nicht näher beschrieben zu werden. Man kann sie im Fachgeschäft für den speziellen Fall aussuchen
und auf ihre Brauchbarkeit prüfen.
a) Rohrfeder
b) Quellstift
c) Spatelfeder
d) breite Spatelfeder
mit dreifacher Überfeder
Bild 2i. Schreibwerkzeuge