den benachbarten zu trennen, umgab und umgibt man es meist mit einem
mehr oder weniger häßlichen Rahmen.
Infolge der heute durchgängigen axialen Gliederung der Typoplakate kann
ein einzelnes derartiges Plakat, wenn nicht durch ganz besondere Farben
des Papiers und des Druckes, überhaupt nicht wirken. Die Durchführung
dieses veralteten Prinzips führt zu einer öden Gleichartigkeit. Der Zweck
des einzelnen Plakats — aufzufallen — kann so kaum erreicht werden".
Dazu entziehen die obligaten Umrahmungen der Schrift einen Teil des ver¬
fügbaren Raumes. Man ist so gezwungen, kleinere Grade zu verwenden, die
dann noch zum Überfluß (infolge des Rahmens) optisch verkleinert werden.
Vielleicht hat man ursprünglich alleTypoplakate auf weißes Papier gedruckt,
so daß man die Plakate irgendwie abgrenzen mußte. Da man heute schon
durch die Wahl farbigen Papiers ein Plakat unter den benachbarten heraus¬
heben kann, entfällt der Grund, den Satz einzurahmen. Auf ein wichtiges,
noch fast gar nicht benutztes Mittel, ein Typoplakat wirksam zu machen,
komme ich weiter unten zu sprechen.
Sehr große Schlagzeilen, wie sie das typographische Plakat kennzeichnen,
führen zu Größenkontrasten, deren Stärke dem Wesen der alten Typographie
widerspricht. Erst die neuen typographischen Gesetze erlauben eine rhyth¬
mische Gliederung des Nebeneinanders größter und kleinster Zeilen. Der
asymmetrische Aufbau des neuen Typoplakats entspricht der Aufgabe auch
insofern besser, als die Gruppierung der Zeilen der Art, wie man liest oder
lesen soll, aufs feinste angepaßt werden kann. Hierbei bietet gerade die Not¬
wendigkeit, Wichtiges sehr groß, weniger Wichtiges bedeutend kleiner zu
setzen, dem heutigen Buchdrucker die Möglichkeit einer starken Intensivie¬
rung des typographischen Ausdrucks. Die Variationsmöglichkeiten der asym¬
metrischen Gestaltung sind auch unvergleichlich mannigfaltiger als die des
symmetrischen Aufbaus der alten Typographie.
Es sollte eigentlich außer Frage stehen, daß für Plakate die klarste Schrift¬
form — die Grotesk — ele einzig richtige ist. Daneben kommen allenfalls
noch Egyptienne, fette Antiqua oder Aldine in Betracht. Fraktur, Gotisch,
Kursiv und dergleichen Schriften schalten als zu schwer lesbar von vorn¬
herein aus. Man kann mit derartigen Schriften allerdings zuweilen den
Inhalt parodierend andeuten (Nationalismus durch Gotisch und Fraktur,
•Von dar Künstlergeneration der Vorkriegszeit wurde dem schlecht und recht gesetzten Typoplakat das in
extravaganten Schriftformen gezeichnete Plakat entgegengestellt, das durch die besondere Form seiner
Buchstaben den Blick auf sich lenken sollte. Die Herstellung eines solchen Schriftplakats ist abhängig von
dem Vorhandensein eines geeigneten Künstlers, sie ist erschwert durch die Übertragung des Entwurfs auf
den Stein oder das Linol. Dabei sind die Ergebnisse nur durch ihre Linienführung interessant, ihre Wirkung
ist mangelhaft. Es Ist eben naiv und verfehlt, mit den anspruchsvollen Mitteln besonderer (= schlechter les¬
barer) Schriftformen wirken zu wollen.
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Gefühlsschwärmerei etwa durch eine komische Kursiv usw.). Doch sind dies
sehr seltene Ausnahmen, die noch dazu auf einzelne Zeilen beschränkt bleiben
müssen, damitder Formkontrast zu der im übrigen unter allen Umständen
zu verwendenden Grotesk, der Schrift unserer Zeit, erhalten bleibt.
PHOEBUS
PALAST
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IWAN
DER SCHRECKLICHE!
JAN TSCHICHOLD:
Typographisches Kinoplakat. 1927. Schwarz und rot aul weiß.
IBI