eines Gegenstandes zu bringen. Von diesen „künstlerischen" Formen und
Ölgemälden, die zu oft einfach vollkommen „unleserlich" waren, haben wir
nachgerade genug. Der angebotene Gegenstand muß so deutlich, so ein¬
wandfrei und so klar wie nur möglich gebracht werden. Nichts erfüllt diese
Forderungen so gut wie die Photographie. Des weiteren stellt das Photo als
Schwarz-Weiß-Form neben den Typen des Satzes eine wahrhaft bisher un¬
erhörte Wirkungsmöglichkeit durch den Kontrast zwischen (Scheinbar-)
Plastisch und Flächig dar, von dem man sagen kann, daß sich durch ihn
und diese neue Möglichkeit die heutige Typographie von der gesamten
früheren unterscheidet. DieTypographie istauf diese Weise „dreidimensional"
geworden — ein Ausdruck dafür, wie unsere Zeit, indem sie die so entstehen¬
den räumlichen Spannungen gestaltet, die Totalität des Raumes zu erobern
sucht,
Vor der Zeichnung hat das Photo den Vorzug, daß es frei ist von dem oft
so aufdringlichen „Strich" des Künstlers, dessen individuelle Manier uns
heute widerlich ist. Zuletzt aber widerspricht jede Zeichnung der Tendenz
der guten Reklame nach größter Objektivität und Sachlichkeit. Einem Photo
glaubt man — einer Zeichnung nicht unbedingt.
Ein einfaches Beispiel für die Einordnung von Photos in eine Typographie
gibt das nebenstehende Werbeblatt des alten Bauhauses von Joost Schmidt.
Sehr gut sind die Grautöne der Photos und der Schrift gegeneinander abge¬
wogen. Die scheinbar nicht „elementare" senkrechte Doppellinie in der Mitte
war als dünne graue Form (Kontrast zu den großen Grauformen der Bilder)
notwendig.
Wenn es sich nicht bloß darum handelt, vorhandene Bildstöcke der Typo¬
graphie einzuordnen, bietet'das Mittel der Photomontage viele Möglichkeiten,
der Reklamearbeit zu besonders eindringlicher Wirkung zu verhelfen.
Die auf den folgenden beiden Seiten abgebildete Meßeinladung der Firma
Gerasch zeigt eine vorbedachte Komposition von Photos auf den Innenseiten,
die sich der Kontinuität der ganzen Drucksache harmonisch einfügt. (Nicht
nur das Einblatt soll eine Leseeinheit, auch die mehrseitige Drucksache soll
so gestaltet sein, daß man durch die ganze Art der Anordnung unbewußt
gezwungen wird, weiterzulesen. Entsprechende Drucksachen aus früherer
Zeit waren eine bloße Aneinanderreihung von Mittelachsengruppen.) Die
Farbflächen auf den Innenseiten betonen die „plastische" Form der Photos.
Es ist vielleicht interessant, im einzelnen nachzuprüfen, mit welchen Mitteln
in der Einladung der „Zwang" zum Weiterlesen ausgeübt wurde.
Einiges kann seiner Natur nach nicht durch das Photo dargestellt werden, so
Kurven, technische Schnitte, größere Pläne und ähnliches. Ein interessanter
Grenzfall ¡st der typographische Lageplan einer Galerie von Seiwert, der
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STAATLICHES BAUHAUS WEIMAR
NEUE BruiPHQPIPI F O.S.OESCHÜTZT
Das BAUHAUS-SCHACHSPIEL von JOSEF HARTWIG ist ein Spiel mit NEUEN BRETTSTEINEN, die entsprechend ihrer
Funktion gestaltet sind. Sie unterscheiden sich grundsatzlich von den alten illustrierenden Spielfiguren. die oft sehr schön,
aber sehr schwer spielbar und äuBsrst kostspielig herzustellen waren. Ebenso von den heute allgemein gebrauchlichen
gedrechselten Spielen, die als ein Qemiech von Brettsteinen und Figuren ihren Sinn verloren haben.
OIE NEUEN SPIELSTEINE sind gebildet aus 3 slereometrischen Grundformen:
Wurlel, Cylinder und Kugel. Einzeln oder kombiniert geben sie durch ihre Form
die Gangart, durch ihr Volumen den Wert an.
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Der Spielwert de Sterne ¡et «Jurer. Höhe unJ Volumen
bezeichnet: König und Dame sind am gröQten, die Bauern
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haben je das halbe Volumen des Turmes.
Da** bisherige Spielbrett ist eiset;! durch eine GLASTAFEL
Oie auadratischen Felder bilden lusammen mit den
kubischen Figuren eine Formeinheit von auf) e'ordentlicher
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ihrer mäßigen Höhe RELIEFARTIG über dm
Spiel.atei ausbreiten.
ihre Großen sind so berechnet, daö sie. in einem kleinen
Kasten verpack!, den Raum gant ausnützen und ihre
voiliahl klar ersehen lassen. JOSEF HARTWIG.
JOOST SCHMIDT 1924: Werbeblatt (Briefformat)
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