der Photos nicht zusammenstimmen könnten. Beide' zusammen ergeben
freilich kein gleichmäßiges Grau, denn ihre Harmonie beruht gerade auf
ihrem Form-und Farbkontrast. Beiden ist aber gemeinsam: die Objektivität
und unpersönliche Form, die sie als zeitgemäße Mittel erweist. Die Harmonie
ist also nicht bloß eine äußerlich formale, wie sie früher irrtümlich ange¬
strebt worden war, und auch keine Willkürlichkeit; denn es gibt nur eine
objektive Schriftform — die Grotesk— und nur eine objektive Aufzeichnung
unserer Umwelt — die Photographie.
Damitistderindividualistischen Form derGraphik: Handschrift —Zeichnung
heute die kollektive Form: Typo—Photo gegenübergetreten.
Als Typophoto bezeichnen wir jede Synthese von Typographie und Photo¬
graphie. Heute können wir mit Hilfe des Photos vieles besser und schneller
ausdrücken als auf den umständlichen Wegen der Rede oder Schreibe. Das
Photoklischee reiht sich damit den Buchstaben und Linien des Setzkastens
als ein zeitgemäßes, aber dlfferenzierteres typographisches Aufbauelement
an. Es ist auch im rein materiellen Sinne jenen grundsätzlich gleich, ganz
offenbar wenigstens im Buchdruck, wo dies durch die Zerlegung der Ober¬
fläche in (gewissermaßen typographische) erhabene Rasterpunkte und die
gemeinsame Schrifthöhe bewirkt wird. In den modernen Druckverfahren
Tiefdruckund Offset entfällt ein solcher Maßstab vollkommen; hier würde
eine entgegengesetzte Meinung in der materiellen Form keine Stütze für
die Behauptung der Ungleichartigkeit mehr finden.
Die Einordnung des Klischees in den übrigen Satz ist den Gesetzen einer
sinngemäßenTypographie und einer harmonischen Flächengestaltung unter¬
worfen. Nachdem wir Heutigen .die Abneigung der Buchkünstler gegen das
Photo im Buch nicht kennen und auch der Luxusbegriff des „schönen Buchs"
der Vergangenheit angehört, sieht der Buchgestalter unserer Zeit im Photo¬
klischee einen denTypen usw. ebenbürtigen Bestandteil des schönen Buches.
Ein ausgezeichnetes Beispiel eines Reklame-Typophotos ist das nebenan
abgebildete Werbeblatt von Piet Zwart. Hier begegnen wir zugleich auch
einem angewandten Reklamephotogramm (papierisoliertes Hochspannungs¬
kabel). Das große H beginnt das Wort „high" (hoch), das kiel ne L das Wort „low"
(niedrig). Die Schriftarten und die schwarzen und roten Formen sind sehr gut
gegeneinander ausgewogen, das Ganze ist von bezaubernder Schönheit.
Wie sehr Farbe die Wirkung des Photos zu steigern vermag, erweisen die
zwei roten Zeilen dieses Beispiels. Die ebene rote Fläche des dicken L steht
in wirksamem Kontrast zu den zarten plastischen Formen des Photogramms.
Die Formen derTypographie korrespondieren in ihren Maßen mitdenen des
Photos: die Mittellinie von NKF. mit dem Mittelpunkt des Kabelquerschnitts,
die Grundlinie der roten Schrift mit dessen äußerstem Punkte usw.
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paper:
INSULATED
HIGH TENSION CABLES
GH IONISATION VOLTAGE
OW DIELECTRIC LOSS
NKF
NEDERLANDSCHE
KABELZ FABRI EK
DELFT (HOLLAND)
PIET ZWART (Holland): Werbeblatt. Schwarz und rot auf weiß. Format A4.