mit einiger Freiheit die verschiedenen Atemzüge ab, die die Lungen
der Vorgänger festgelegt hatten.
2. Die Dichter überzeugten sich später, daß die verschiedenen Momente
ihres lyrischen Rauschs diesem eigentümliche Rhythmen, unvermutete,
sehr verschiedenartige Längen mit einer absoluten Freiheit der Ak-
zentuation schaffen müßten. So gelangten sie ganz natürlich zum
freien Vers (vers libre), aber sie bewahrten noch die syntaktische
Ordnung*, damit ihr lyrischer Rausch auf den Hörer durch den logi¬
schen Kanal der konventionellen Zeit überströmen konnte.
3. Wir wollen heute, daß die lyrische Begeisterung die Worte nicht mehr
nach der syntaktischen Ordnung aneinanderfüge, bevor sie nicht zum
Mittel dervon uns erfundenen Empfindungen gemacht sind. So haben
wir die Worte in Freiheit (Mots en liberté). Außerdem muß unsere
lyrische Kraft die Wörter durch Verkürzung oder Verlängerung frei
umformen, ihre Mitte oder ihre Enden verstärken, indem die Anzahl
der Vokale oder Konsonanten vermehrt oder verringert wird. Wir
werden so die neue Orthographie erhalten, die ich freie Ausd rucks-
orthographie (Orthographe expressive libre) nenne. Diese instink¬
tive Umformung der Wörter entspricht unserer natürlichen Neigung-
zur Klangnachahmung. Von geringer Bedeutung ist es, wenn das um¬
geformte Wort zweideutig wird. Es verschmilzt besser mit den onoma-
topöischen"Verglelchen oder Lärmfolgen und erlaubt uns, bald den
onomatopöi.sch-psychischen Akkord zu erreichen, den tiefen, aber ab¬
strakten Ausdruck einer Empfindung oder eines reinen Gedankens.
Das Beispiel auf Seite 55 zeigt eine Gedichtseite aus dem ebenerwähnten
Buche. Die Typen sind nicht mehr aus formal-ästhetischen, dekorativen
Gründen gewählt; ihre beabsichtigte optische Eindringlichkeit entspricht
ihrem Inhalt. Die Typen entwickeln eine optische Kraft, die früher ganz
unbekannt war. Zum ersten Male 1st hier die Typographie zum funktionalen
Ausdruck ihres Inhalts geworden. Zum ersten Male ist in diesem Buch auch
versucht worden, Sicht-Gedichte statt der alten Hör-Gedichte (die man doch
schon längst nicht mehr h orte)zu gestalten.Sie enthalten die ganze Kühnheit
des Futurismus, der in der damaligen Zeit wie eine Bombe gewirkt hat;
aber auch dieser Versuch, erstes Anzeichen des heraufkommenden Neuen,
sollte lange Zeit der einzige bleiben.
Der Krieg brachte jenen Kampf, die „agressiven Bewegungen" und die Re¬
volutionen, die der Futurismus in seinen Manifesten besungen hatte, in
• Syntax = Lehre vom Satzbau. Anm. d. Hsg.
•• Onomatopöie = Lautmalerei, Klangnachahmung. Anm. d. Hsg.
la grand« semaine
a été prolongée j,
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