sondern von der Vorstellung ausgeht. Es 1st eine Grotesk, deren Ausgangs¬
rundungen in Spiralform gebildet sind. Ebenso wie sie selbst sind auch
die zugehörigen Ornamente in ihrer Exaktheit geistig in gewissem Betracht
Vorläufer unserer Gesinnung. — Die Photographie wurde von Czeschka
nicht verwandt.
Es sollte einem „Nichtfachmann", dem italienischen Dichter F. T. Marlnetti,
dem Begründer des Futurismus, beschieden sein, den Auftakt zu der Um¬
stellung von ornamentaler zu funktioneller Typographie zu geben.
In seinem Gedichtbuch „Les mots en liberté futuristes", Milano 1909, ver¬
öffentlichte er die folgenden Manifeste:
TYPOGRAPHISCHE REVOLUTION
UND FREIE AUSDRUCKS-ORTHOGRAPHIE
Typographische Revolution
Ich unternehme eine typographische Revolution, die sich vor allem
gegen die Idiotische, zum Brechen reizende Auffassung des passéisti-
schen* Gedichtbuches mit seinem handgemachten Papier, seinem
Stil des 16. Jahrhunderts, verziert mit Galeeren, Minerven, Apolls,
großen Initialen, Schnörkeln und mythologischem Gemüse, mit seinen
Schließen, Motti und römischen Ziffern richtet. Das Buch muß der
futuristische Ausdruck unseres futuristischen Gedankens sein. Besser:
meine Revolution wendet sich unter anderem gegen die sogenannte
typographische Harmonie der Buchseite, die im Gegensatz steht zu
dem Fluß des Stils, der sich in der Seite kundtut. Wir werden, wenn
es not tut, auf derselben Seite 3 oder 4 verschiedene Farben und
20 verschiedene Schriften anwenden. Zum Beispiel: Kursiv für eine
Aufeinanderfolge ähnlicher und schneller Sensationen, fett für die
Nachahmungen heftigerTöne usw. Ein neuerBegriff dertypographlsch-
malerlschen Buchseite.
Freie Auedrucksorthographie (Orthographe libre expressive)
Die geschichtliche Notwendigkeit der freien Ausdrucksorthographie
zeigt sich In den ununterbrochenen Revolutionen, die nach und nach
die. lyrische Kraft der menschlichen Rasse von ihren Fesseln und
Regeln befreit haben.
1. In der Tat begannen die Dichter damit, ihren lyrischen Rausch in
einer Folge von gleichmäßigen Atemzügen mit Tönen und Echos,
Glockentönen und Reimen in vorausbestimmten Abständen auszu¬
strömen (traditionelle Prosodie). In der Folgezeit wandelten sie
• = früheren (Gegensatz zu futuristisch = zukünftig) Anm. d. Hsg.
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